Porsche-Prozess geht in zweite Halbzeit

Mehr als die Hälfte der angesetzten Prozesstage haben die ehemaligen Porsche-Vorstände Wiedeking und Härter hinter sich. Bislang haben Zeugen sie vorwiegend entlastet. Steht also ein schnelles Ende bevor?

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Entscheidung in Sicht? - Porsche-Prozess geht in zweite Halbzeit
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  • Annika Grah, dpa

Halbzeit im Prozess gegen die beiden Ex-Vorstände des Autobauers Porsche: Seit Ende Oktober stehen Wendelin Wiedeking und sein ehemaliger Finanzchef Holger Härter wegen des Vorwurfs der Marktmanipulation vor dem Stuttgarter Landgericht. 13 Prozesstage liegen hinter ihnen. Ob die Verhandlung allerdings wie geplant bis Ende Februar fortgeführt wird, ist noch nicht sicher.

Entscheidung in Sicht? - Porsche-Prozess geht in zweite Halbzeit

(Bild: Porsche)

Nach vehementen Unschuldsbeteuerungen zum Prozessbeginn lassen die zwei Ex-Spitzenmanager inzwischen nur noch ihre Anwälte sprechen. Die drängten am Freitag erneut auf ein schnelles Ende des Verfahrens. Die Beweisaufnahme könnte ihrer Einschätzung nach zügiger abgeschlossen werden. Denn bislang, das merkte auch der Vorsitzende Richter am Freitag noch einmal an, waren die Zeugenaussagen unergiebig. Die Staatsanwaltschaft ließ sich allerdings nicht in die Karten schauen.

Worum geht es in dem Verfahren?

Wiedeking und Härter sollen ihre Absicht zur Übernahme des viel größeren VW-Konzerns verschleiert haben. Beide bestreiten das energisch. Im Oktober 2008 hatte Porsche erstmals offiziell mitgeteilt, bei Europas größtem Autobauer eine Dreiviertel-Mehrheit anzustreben. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der Plan aber schon früher geschmiedet wurde und hätte veröffentlicht werden müssen.

Die VW-Aktie schnellte damals zuerst in die Höhe und verlor dann wieder an Wert - Anleger machten Milliardenverluste. Am Ende scheiterte die Komplettübernahme. Porsche nahm bei der schrittweisen Aufstockung seiner VW-Anteile immense Schulden auf und brach unter der Last auch wegen der Finanzkrise fast zusammen. VW drehte schließlich den Spieß um und machte Porsche zu seiner Tochterfirma.

Was geschah bisher?

Der vom Gericht bestellte Gutachter hat den Vorwurf der Marktmanipulation nicht gestützt. Die Überreaktion der VW-Aktie sei angesichts der Börsenturbulenzen im Zuge der Finanzkrise nicht vorhersehbar gewesen. Genauso wenig sei ein "planvolles" Einwirken auf den Kurs der Volkswagen-Aktie möglich gewesen.

Die bislang vernommenen Zeugen stärkten Wiedeking und Härter zudem den Rücken. Weder der frühere Chefstratege, der unter anderem für die Vorbereitung der Aufsichtsratssitzungen zuständig war, noch ein früherer Rechtsberater wollten bestätigten, dass der Übernahmeplan schon vor Oktober 2008 beschlossen war. Ein ehemaliger Mitarbeiter der niedersächsischen Staatskanzlei sagte, eine Übernahme sei zwar eine Arbeitshypothese des Landes, das 20 Prozent an VW hält, gewesen. Es habe aber keine belastbaren Aussagen von Porsche dazu gegeben.

Deutet das auf ein schnelles Ende des Prozesses hin?

Die Anklage geriet im Laufe des Verfahrens immer mehr in die Defensive - zuletzt musste der Staatsanwalt sich rechtfertigen, weil er noch während des Prozesses Anfragen bei der Finanzaufsicht Bafin gestellt hatte, ohne das Gericht darüber auf dem Laufenden zu halten. Entschieden ist in dem Verfahren aber noch nichts.

Der Vorsitzende Richter sagte im Dezember, es werde schwierig, aufgrund der vorliegenden Zeugenaussagen eine Täuschungsabsicht sicher festzustellen. Die Aktenlage könne noch ein anderes Bild ergeben. Vor Weihnachten hatte er ein sogenanntes Selbstleseverfahren eingesetzt, das vorsieht, dass bestimmte Unterlagen nicht mehr im Gerichtssaal verlesen werden. Zwei Aktenordner müssen Richter, Schöffen, Staatsanwälte und Anwälte bis zum 14. Januar wälzen.

Was droht den Angeklagten?

Wiedeking und Härter hatten zum Prozessauftakt mehr als deutlich gemacht, dass sie sich für unschuldig halten. Die Staatsanwaltschaft dringt natürlich auf einen Schuldspruch. Bei Marktmanipulation kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Juristen gehen aber davon aus, dass beide - so sie überhaupt verurteilt werden - mit einer Geldstrafe wegkommen würden.

Das kennt der frühere Porsche-Finanzchef Härter bereits: Er wurde 2013 wegen Kreditbetrugs in der Übernahmeschlacht zu einer Geldstrafe von 630.000 Euro verurteilt. Der Prozess gegen frühere LBBW-Vorstände vor dem Stuttgarter Landgericht, bei dem die Ankläger ähnlich in die Defensive geraten waren, war gegen Geldauflagen eingestellt worden. Die Verteidigung machte am Freitag allerdings noch einmal sehr deutlich, dass sie auf einen Freispruch hinarbeitet.

Welche Folgen hätte eine Verurteilung?

Mit im Gerichtssaal sitzen auch Vertreter zahlreicher Fonds, die in Zivilprozessen Schadenersatz von Porsche fordern. Fünf Milliarden Euro stehen im Raum. Würden Wiedeking und Härter verurteilt, könnte das die Investoren-Forderungen stützen. Außerdem ist der ehemalige Kommunikationschef wegen Beihilfe zur Marktmanipulation angeklagt. Die Ermittlungen gegen amtierende und frühere Aufsichtsräte wurden eingestellt. Sie könnten bei einer Verurteilung Wiedekings und Härters allerdings wieder aufgenommen werden. Aus diesem Grund wurde der Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche nun doch nicht als Zeuge geladen. Gericht und Staatsanwaltschaft waren sich einig, dass Porsche von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen könnte. (fpi)