Vom Autohersteller zum Mobilitätsanbieter

Ford will eine neue Version seines autonomen Testautos bauen, und zwar in höherer Stückzahl, um schneller Erfahrungen mit dieser Technologie zu sammeln. Das Unternehmen entwickle sich zum ganzheitlichen Mobilitätsanbieter, sagt sein CEO Mark Fields.

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Von
  • Rachel Metz

Ford will eine neue Version seines autonomen Testautos bauen, und zwar in höherer Stückzahl, um schneller Erfahrungen mit der Technologie zu sammeln. Das Unternehmen entwickle sich zum ganzheitlichen Mobilitätsanbieter, sagt sein CEO Mark Fields.

Anders als von manchen Beobachtern erwartet, hat Ford auf der CES in dieser Woche keine Vereinbarung über die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen mit Google bekanntgegeben. Allerdings bekräftigte der Autohersteller seine Ambitionen in diesem Bereich: CEO Mark Fields kündigte eine neue Version des autonomen Testautos von Ford an und sagte, das Unternehmen werde seine Flotte in diesem Jahr von 10 auf 30 dieser Fahrzeuge vergrößern, um schneller Erfahrungen damit zu sammeln.

In einem Gespräch mit Technology Review am Rande der Messe äußerte sich Fields über die Herausforderungen beim Bau von autonomen Autos, wie sie anfangs genutzt werden dürften und welche Feinheiten man ihnen einprogrammieren muss, damit sie im Alltag auf den Straßen funktionieren. Über die erwartete Vereinbarung mit Google wollte Fields nur sagen, dass Ford mit vielen Unternehmen vertrauliche Gespräche führt.

Technology Review: Ford war bei autonomem Fahren bislang ruhiger als andere Autohersteller. Warum waren sie bei dieser Technologie so zurückhaltend?

Mark Fields: Wir nehmen autonomes Fahren sehr, sehr ernst. Und wir wollen dafür sorgen, dass wir nur dann über etwas sprechen, wenn wir viel Erfahrung damit gesammelt haben und uns intelligent darüber äußern können, was unsere Pläne für die Zukunft sind.

Aber offensichtlich sind wir dieses Jahr bei der CES, um auf höchster Ebene das Signal zu senden, dass wir das Unternehmen von einem reinen Autohersteller zu einem Auto- und Mobilitätsanbieter transformieren und dass wir im Rahmen von dem, was wir Ford Smart Mobility nennen, ganzheitlicher nachdenken. Eines der Elemente davon ist autonomes Fahren. Und aus diesem Grund haben wir heute bekanntgegeben, dass wir uns hier noch stärker engagieren, indem wir unsere Testflotte verdreifachen.

TR: Was sind die wichtigsten Lektionen aus früheren fahrerlosen Autos, die in die neuen Versionen einfließen?

Fields: Zunächst einmal gibt es viele verschiedene Variablen. Wenn man anfangs glaubt, man habe alle Punkte berücksichtigt, stellt man später fest, dass es wahrscheinlich noch ein Vielfaches davon abzudecken gilt.

Zum Beispiel bei Wetterbedingungen: Bei manchen der Funktionen von Kameras und Sonaren und Sensoren zeigt sich, dass es im Betrieb Probleme gibt, etwa bei Eisregen, Schnee oder allgemein schlechten Bedingungen. Manche dieser Sachen mussten wir erst einmal abarbeiten, und zum Teil arbeiten wir immer noch daran.

TR: Manche für autonomes Fahren entscheidende Technologien wie zum Beispiel Lidar-Laserscanner scheinen bei schlechtem Wetter tatsächlich Probleme zu machen. Wie gehen sie diese Probleme an?

Fields: Wir gehen sie an, indem wir Lidar-Sensoren verwenden, aber auch Kameras, Sonar und andere Systeme, um zum Beispiel schlechtes Wetter zu kompensieren. Wir haben also... ich will nicht sagen, redundante Systeme, aber Systeme, die uns ein vollständiges Bild vermitteln werden.

TR: Werden sich die Probleme in naher Zukunft lösen lassen?

Fields: Ich denke, dass sie lösbar sind, aber es wird einige Zeit dauern. Wir haben keinen Zeitrahmen für den Marktstart eines vollständig autonomen Fahrzeugs veröffentlicht. Aber wir haben gesagt, dass wir dafür sorgen wollen, dass es funktioniert, wenn es kommt, und dass es sicher und auch für jeden zugänglich ist. Es soll also nicht nur für Leute sein, die sich ein Luxusauto leisten können.

TR: Wie wird autonomes Fahren nach den neuen Funktionen, die wir bislang gesehen haben, die Öffentlichkeit erreichen, sowohl durch die Arbeit von Ford als auch die von anderen Autoherstellern?

Fields: Ich denke, als Erstes werden wir vollständig autonome Fahrzeuge in definierten Bereichen sehen, für die 3D-Karten angelegt wurden. Möglicherweise werden sie zunächst zusammen mit einer Dienstleistungen – Transport als Dienstleistung – auf den Markt kommen. Aktuell denken wir an Dinge wie einen Mitfahrdienst für Passagiere.

TR: Wird es letztlich unterschiedliche Grade an Autonomie für unterschiedliche Fahrer und Situationen geben?

Fields: Ich glaube ja. Unsere Strategie hat zwei Dimensionen. Eine davon ist, weiterhin überzeugende Funktionen für semiautonomes Fahren anzubieten. In vielen verschiedenen Segmenten haben wir mit unseren heutigen Fahrzeugen eine Führungsrolle – ob bei Spurassistenten, automatischem Einparken in Längs- und Querparkplätze, automatischen Bremsen oder anderen solchen Sachen.

Gleichzeitig haben wir ein eigenes Team, das an einem vollständig autonomen Fahrzeug arbeitet, aber nur für ein definiertes Gebiet. Unsere Ansicht ist, dass es auf längere Sicht vollständig autonome Fahrzeuge geben wird, bei denen der Fahrer nichts mehr tun muss. Kurzfristig wird es aber offensichtlich eher um teilautonome Funktionen gehen.

TR: Bislang weigern sich autonome Fahrzeuge, Gesetze zu übertreten – selbst wenn das am sichersten wäre, etwa um einen Unfall zu vermeiden. Wie lässt sich fahrerlosen Autos eine solche Intelligenz verleihen?

Fields: Wir werden daran arbeiten müssen. Nehmen wir das Beispiel eines autonomen Autos, das an einen Fußgängerüberweg kommt. Wenn man als Fußgänger die Straße überqueren möchte und es keine Ampel gibt, achtet man darauf, dass das Auto nicht weiterrollt, und man versucht, Augenkontakt mit dem Fahrer herzustellen. Dafür werden wir uns wohl etwas überlegen müssen.

Oder sagen wir, wir kommen an eine Kreuzung mit Stoppschild für alle Richtungen. Die Regel lautet hier, dass derjenige zuerst fahren darf, der zuerst angehalten hat. Aber sie wissen ja, dass Regeln nicht immer beachtet werden. Unter anderem müssen wir also überlegen, wie wir Autos einprogrammieren, dass man bei einem Viererstopp etwas nach vorn rollen darf, um den anderen Autos zu signalisieren, dass man durchfahren möchte. Ich denke, das ist Teil des Entwicklungsprozesses, der vor uns liegt.

(sma)