Beton aus Marsboden

Wenn wir den Mars besiedeln wollen, werden wir dort Gebäude zum Wohnen und Arbeiten brauchen. Forscher haben deshalb billigen, robusten Beton aus simuliertem Marsboden entwickelt.

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Wenn wir den Mars besiedeln wollen, werden wir dort Gebäude zum Wohnen und Arbeiten brauchen. Forscher haben deshalb billigen, robusten Beton aus simuliertem Marsboden entwickelt.

Während sich verschiedene Raumfahrtagenturen mit den Schwierigkeiten des bemannten Flugs zum Mars beschäftigen, arbeiten einige Forscher bereits an qualitativ hochwertigen Gebäuden, in denen die ersten Menschen auf dem Mars leben und arbeiten könnten.

Manche Bauwerke können von der Erde mitgebracht werden, doch das kann nur eine Behelfslösung sein. Die ersten Marsbewohner werden dann rasch eine Möglichkeit finden müssen, mit Hilfe der auf dem Planeten vorhandenen Ressourcen Gebäude zu errichten. Wie könnte das gehen?

Lin Wan und Kollegen an der Northwestern University haben eine mögliche Antwort auf diese Frage. Sie haben herausgefunden, wie sich aus Materialien, die auf dem Mars reichlich vorhanden sind, Marsbeton herstellen lässt. Ganz wichtig dabei: Dieser Beton lässt sich ohne Einsatz von Wasser in Form bringen, das auf dem Roten Planeten eine teure Ressource sein wird.

Das Schlüsselmaterial für einen Bauboom auf dem Mars wird laut dem Northwestern-Team Schwefel sein. Die Grundidee ist, ihn auf 240 Grad Celsius zu erhitzen, so dass er flüssig wird; anschließend wird er mit Marsboden vermischt, der als Zuschlagstoff dient, und dann wieder abgekühlt. Der Schwefel verfestigt sich und bindet den zugegebenen Boden – und schon ist der Marsbeton fertig.

Natürlich ist die Idee, Schwefel zum Binden von Zuschlagstoffen zu verwenden, nicht neu. Ingenieure experimentieren seit mindestens einem Jahrhundert mit diesem Material und haben dabei zunächst festgestellt, dass Beton auf Schwefelbasis reichlich Probleme mit sich bringt.

Denn beim Abkühlen verfestigt sich der Stoff zu monoklinem Schwefel und verändert sich dann zu orthorhombischen, dem stabilen Allotrop bei niedrigeren Temperaturen. Während dieses Prozesses schrumpft er jedoch, wodurch Hohlräume entstehen, die das Material deutlich schwächen. In den 1970er Jahren haben Materialwissenschaftler zudem bereits untersucht, ob sich mit Schwefelbeton Basen auf dem Mond bauen ließen. Rasch stellten sie dabei fest, dass Schwefel im Vakuum sublimiert – er wird vom Feststoff direkt zum Gas. Jeglicher Schwefelbeton auf dem Mond würde also rasch im Äther verschwinden.

Eine wichtige Frage lautet also, ob sich Schwefelbeton stark und haltbar genug machen lässt, um auf dem Mars von Nutzen zu sein.

Um das herauszufinden, haben Wan und Kollegen Proben davon hergestellt. Dazu nutzten sie simulierten Marsboden, der hauptsächlich aus Siliziumdioxid und Aluminiumoxid sowie anderen Komponenten wie Eisenoxid oder Titandioxid besteht. Außerdem experimentierten sie mit unterschiedlich großen Partikeln dieses Zuschlagstoffes.

Die Tests waren ganz einfach. Nach dem Mischen des Zuschlagstoffs mit unterschiedlich hohen Mengen an geschmolzenem Schwefel und dem Abkühlen zu Blöcken maßen sie die physischen Eigenschaften des entstandenen Materials wie zum Beispiel die Druckfestigkeit und die Versagensmechanismen. Außerdem analysierten sie die unterschiedlichen Mischungen chemisch und simulierten ihr Verhalten.

Die Ergebnisse sind interessant. Wie sich zeigte, verringert die Nutzung von kleineren Partikeln das Entstehen von Hohlräumen, was die Stärke des Materials deutlich erhöht. "Die beste Mischung besteht aus 50 Prozent Schwefel und 50 Prozent Marsboden mit einer maximalen Partikelgröße von 1 Millimeter", schreiben die Forscher.

Dieses Material ist robust – es erreicht eine Druckfestigkeit von 50 Megapascal (MPa), vor allem wenn es beim Aushärten komprimiert wird, um das Entstehen von Hohlräumen zu verhindern. Seine Stärke ist unter anderem Folge der chemischen Bindung, die zwischen Schwefel und dem Marsboden entsteht. Zum Vergleich: Standards für Wohnimmobilien in den USA sehen eine Druckfestigkeit von ungefähr 20 MPa vor.

Wie Wan und Kollegen weiter schreiben, stellen auch die atmosphärischen Bedingungen auf dem Mars kein Problem für das Material dar: "Sowohl der atmosphärische Druck als auch die Temperaturspanne auf dem Mars sind für das Bauen mit Schwefelbeton geeignet."

Und es gibt noch weitere Vorteile. Marsbeton kann durch Erhitzen mehrfach eingeschmolzen und wiederverwendet werden. Außerdem bindet er schnell ab, lässt sich relativ leicht verarbeiten und ist im Vergleich zu von der Erde mitgebrachten Materialien extrem billig.

Die Forschungsarbeit lässt darauf hoffen, dass die ersten dauerhaften Bauten auf dem Mars relativ leicht zu errichten sein dürften. Was wir jetzt noch brauchen, ist eine neue Generation von Mars-Architekten, um Gebäude aus Marsbeton zu entwerfen, in denen Menschen gut leben und arbeiten können.

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