David Bowie war auch ein Technikvisionär

Lange vor MySpace hatte der verstorbene Pop-Star David Bowie eine Online-Community für Kontakte zwischen Fans und Künstlern gegründet. Außerdem sagte er früh die Auswirkungen des Internets auf die Musikindustrie voraus.

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Von
  • John Reilly

Lange vor MySpace hatte der verstorbene Pop-Star David Bowie eine Online-Community für Kontakte zwischen Fans und Künstlern gegründet. Außerdem sagte er früh die Auswirkungen des Internets auf die Musikindustrie voraus.

Der verstorbene David Bowie wird als vieles in Erinnerung bleiben: als Musiklegende, als Pionier bei Kunst und Mode und als einer der Ersten, die Geschlechtsnormen in Frage stellten. An etwas anderes aber denken bei ihm vielleicht nur wenige: Er war auch ein Technologievisionär.

Im Jahr 1998 gründete Bowie, der am vergangenen Sonntag einem Krebsleiden erlag, seinen eigenen Internet-Provider namens BowieNet. Als Konkurrenz für die damaligen Online-Giganten AOL und Prodigy Online war der nie gedacht. Stattdessen hatte sich Bowie etwas viel Mächtigeres und Vorausschauenderes vorgenommen: Lange vor MySpace und Friendster, die inzwischen selbst zu Dinosauriern des Internet geworden sind, diente Bowies frühes Portal auch als Fan-Community. Damit schuf es mittels Technologie Verbindungen zwischen Künstlern und Fans auf eine Weise, die auch im Jahr 2016 noch nicht als veraltet gelten würde.

Das Provider-Projekt war eine natürliche Weiterentwicklung für Bowie, der bereits 1996 – ja, 1996 – seinen neuen Song "Telling Lies" online veröffentlicht hatte und damit auf 300.000 Downloads gekommen war. Das klingt nicht nach viel? Man muss diese Zahl vor dem Hintergrund betrachten, dass Nutzer pro Monat damals durchschnittlich nur 30 Minuten im Internet verbrachten (und der Download einer Single konnte in etwa genauso lange dauern).

Als BowieNet online ging, kam gerade das Internet 1.0 in Schwung, doch Bowie sah schon früh das wahre Ausmaß der kommenden Disruption. "Wir stehen am Beginn von etwas Begeisterndem und Erschreckenden zugleich", sagte er in einem Interview im Jahr 2000. Zwei Jahre später kam er dann einer Vorhersage der allgegenwärtigen Streaming-Dienste von heute fast schon gespenstisch nahe: "Musik an sich wird zu etwas wie fließendem Wasser oder Strom", sagte er der New York Times.

Bowies Begeisterung für Innovationen beschränkte sich nicht auf Prognosen über die Auswirkungen des Internet auf die Musikindustrie. Der Mann, der Ziggy Stardust erfand, verkaufte auch Bowie-Anleihen, bei denen er Anlegern einen Anteil an seinen künftigen Lizenzeinnahmen versprach. Und er gründete die Online-Bank BowieBanc, die eine Kreditkarte mit seinem Gesicht darauf herausgab.

BowieNet wurde im Jahr 2006 geschlossen, und es dürfte nicht eben als einer der größten Erfolge des Internets in die Geschichte eingehen. Doch wenn wir uns an den Mann erinnern, der vor allem für seine Musik, seinen Sex-Appeal und seine Souveränität berühmt wurde, können wir ruhig auch daran denken, dass sein Genie weit über das Musikgeschäft hinausreichte.

(sma)