Happy Birthday, IETF!

Die Gralshüterin des Internet Protokoll (IP), die Internet Engineering Task Force (IETF) wird 30 und hat im Geburtstagsjahr einiges vor.

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30 Jahre IETF
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Am 16. und 17. Januar 1986 trafen sich 21 Ingenieure und Forscher in San Diego, um die Internet Engineering Task Force (IETF) zu gründen. Die IETF sollte die Gateway Algorithms Task Force des US-Verteidigungsministeriums (Department of Defense, DoD) darin ablösen, "technische Lösungen in der Planung und im Betrieb des DoD Internet" zu entwickeln und entsprechende "technische Memoranden" für die Nutzer zu veröffentlichen. Dreißig Jahre später sind die Nutzer nicht mehr nur das Arpanet oder das Milnet. TCP/IP und die darauf aufbauendne Standards bilden heute das zentrale Nervensystem der Informationsgesellschaft.

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Das Hauptaugenmerk der IETF galten laut den Gründungsdokumenten in San Diego dem erwarteten Wachstum des jungen Netzes der Netze und den damit steigenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit. Wie viel mehr davon notwendig werden würde, haben die Teilnehmer, Vertreter des Standford Research Institute International (SRI), von Bolt Beranek & Newman (BBN) und Linkabit (heute Teil von Level 3) und einiger US-Universitäten nicht ahnen können.

Selbst die aktuellen Zahlen des IETF-Projekts selbst dürften die Gründungsväter und -mütter überraschen. Über tausend Entwickler pilgern mittlerweile zu den dreimal im Jahr stattfindenden Treffen. Zu den wichtigsten Techniken, die die IETF standardisiert hat, gehören das System der Adressierung (IPv4, IPv6), das Domain Name System (DNS) und Real-Time Application Protokolle (zum Beispiel VoIP, XMPP). Bei 7736 steht der Zähler der IETF "Requests for Comments" (RFC), wie die technischen Spezifikationen und praktischen Empfehlungen der IETF heißen. Behält die IETF ihr Publikationstempo bei, überspringt sie 2016 die Marke von 8000.

Nicht, dass alle Spezifikationen im Netz ankommen. Der langsame Fortschritt von IPv6, dem eigentlich dringend benötigten Nachfolger der kürzeren IPv4-Adressen, illustriert ganz gut: auch das Papier auf dem RFCs geschrieben sind, ist geduldig. 20 Jahre nach der IPv6-Standardisierung hat man aber jetzt die 10 Prozent erreicht, gratuliert der IETF-Vorsitzende Jari Arkko in seinem Geburtstagsblog.

Ein den IETF-Konferenzen inzwischen stets vorgeschalteter Hackathon soll die Idee vom "running code" wieder stärker ins Zentrum der Arbeit der 139 Arbeitsgruppen rücken. Eine brandneue Initiative, "CodeMatch", soll die Kluft zwischen Anwendern und Entwicklern endlich verringern helfen. "Der IETF CodeMatch bringt Studierende, Forscher und Professoren, Open Source Communities und Hersteller proprietärer Lösungen zusammen mit den 'Verbrauchern' von Code", heißt es im aktuellen Projektentwurf. "CodeRequests" sollen interessierte Programmierer anlocken und Anwendern die Chance auf eine maßgeschneiderte Lösung ihres praktischen Problems verschaffen.

Die IETF reagiere, lobt Olaf Kolkman von der Internet Society, damit auf die Herausforderung, die der klassischen Standardisierung durch kollaborativ entwickelte und verbreitete Open Source Software entstehe. Die Internet Society dient der IETF als organisatorisches Dach und steuert aktuell immer noch einen beträchtlichen Teil des 5-Millionen Jahresbudgets bei. Arkko präsentierte kürzlich die Idee einer Stiftung als mögliche alternative Finanzierungsquelle.

Eine unausgesprochene Veränderung ist die Politisierung der Standardisierungsarbeit. Heißt es in den Gründungsdokument noch kategorisch, über Politik redet die IETF nicht, ist die IETF spätestens mit der Übergabe der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) und der DNS-Rootzone von der US-Regierung an die Selbstverwaltungsorganisationen auf dem diplomatischen Parkett gefordert.

Schon in den Jahren zuvor hat der Trend zur Internationalisierung das Gesicht der Organisation verändert. Im Geburtstagsjahr wird die IETF, einst eine ur-amerikanische Veranstaltung, kein einziges Mal in den USA tagen. Stattdessen lässt sich die IETF in Berlin und Seoul feiern, und gönnt sich einen allerersten Besuch in Lateinamerika. (jo)