Portugal: Linksregierung und rechter Präsident?

Nun wird der Staatschef gewählt und nach Umfragen könnte ein Konservativer gewinnen, der die Linksregierung blockieren könnte

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Die Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag in Portugal werden mit einem Interesse verfolgt, die sie sonst nicht erhalten. Das hat damit zu tun, dass gegen alle Erwartungen im vergangenen Herbst eine sozialistische Regierung an die Macht kam, die vom marxistischen Linksblock (BE) und der grün-kommunistischen CDU gestützt wird. Obwohl dabei die Rechten abgestraft wurden, soll das Gründungsmitglied der Konservativen PSD das Rennen machen. Marcelo Rebelo de Sousa soll nach Ansicht der Mehrzahl der Umfragen sogar schon im ersten Wahlgang mit mehr als 50% der Stimmen gewählt werden. Nach der letzten Umfrage hatte er seinen Vorsprung sogar noch ausgeweitet.

Dann könnte er die neue Regierung blockieren, da der Staatspräsident viele Kompetenzen hat. Er ist Chef der Streitkräfte, kann ein Veto gegen Gesetze einlegen, das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen. Die Macht des derzeitigen Präsidenten, des Konservativen Aníbal Cavaco Silva, hatte der Sozialist Antonío Costa schon zu spüren bekommen. Denn der versuchte mit seiner "verfassungsrechtlichen Macht" zu verhindern, dass Costa mit Hilfe von Linksradikalen Regierungschef wird. Cavaco Silva beauftragte Costa nur mit der Regierungsbildung, da sich die Präsidentschaftswahlen sonst Neuwahlen bis Juni verzögert hätten und das zu einer gefährlichen Instabilität geführt hätte.

Die Beliebtheit des 67-jährigen Konservativen ist groß - und die hat er in der großen Debatte im Fernsehsender RTP1 () am späten Dienstag vermutlich noch gesteigert, an der neun von zehn Kandidaten teilnahmen. Die Sozialistin Maria de Belém fiel aus, weil ein enger Freund verstorben war. Der stets lächelnde Rebelo de Sousa distanziert sich von seinen Parteifreund Cavaco Silva und vom Ex-Ministerpräsident Pedro Passos Coelho und tritt für einen Dialog mit der Linksregierung ein.

Er kennt die Ablehnung im Land gegen den harten Austeritätskurs, den seine PSD vier Jahre unter Coelho exekutiert hat. Er begrüßte in der Debatte sogar den neuen Kurs, die Einschnitte, Lohn- und Rentenkürzungen zurückzunehmen, Sozialleistungen zu erweitern und Steuern zu senken, um von der allgemeinen Beliebtheit der Maßnahmen im Land zu profitieren. "Es hat sich gezeigt, dass die Sozialmaßnahmen mit der Einhaltung der Defizitziele vereinbar sind", sagte er in der Debatte: "Der Präsident muss alles tun, was in seiner Macht steht, dass es grünes Licht für den Haushalt 2016 gibt."

Der Linken könnte bei diesem Diskurs ihre Uneinigkeit auf die Füße fallen. Sie einigte sich auf keinen Kandidaten. Die Sozialisten (PS) haben zwei Kandidaten am Start. Dabei ist die erste, die PS-Präsidentin Maria de Belém, nicht einmal offizielle PS-Kandidatin. Das ist der unabhängige António Sampaio da Nóvoa. Der langjährige Rektor der Universität Lissabon ist klarer Austeritätsgegner. Er setzt auf "Stabilität" und will jeden Bruch mit den europäischen Institutionen verhindern, womit er auf Distanz zu BE und CDU geht.

Je nach Umfrage liegt er etwas vor oder hinter Maria de Belém, die ganz ähnliche Vorstellungen vertritt. Sie will in Europa dafür sorgen, dass einstige Werte der EU, wie das "Solidaritätsprinzip" und die "soziale Marktwirtschaft" wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden, die in Vergessenheit geraten seien. Nach Umfragen haben bestenfalls diese beiden eine Chance in eine mögliche Stichwahl mit Rebelo de Sousa zu gelangen.

Die Linke ist aber noch stärker fragmentiert. Für den Linksblock tritt die Europaparlamentarierin Marisa Matías und für die Kommunisten der ehemalige Priester Edgar Silva an. Man treibt ein gefährliches Spiel und hofft darauf, dass der Konservative keine 50% erhält. Damit würde aus den Wahlen am Sonntag eine Vorauswahl in der Linken, um im zweiten Wahlgang gemeinsam für einen Kandidaten zu werben. Das kann schief gehen und es ist nicht ausgeschlossen, dass der Konservative seinen Diskurs schnell vergisst und die Linksregierung doch blockiert. Denn seine PSD war 2011 mit Kritik an Sparmaßnahmen der Sozialisten an die Regierungsmacht gelangt, die sie danach allerdings deutlich verstärkte.