Freiburger Nachtleben: Kein Zutritt für Geflüchtete

Zutrittsverbote für Flüchtlinge in Clubs oder Bars und Schwimmbädern bedienen angesichts der gegenwärtigen Stimmung eine Stigmatisierung. Angebrachter wäre es, Verhaltensregeln besser zu vermitteln

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Freiburg hat den Ruf, eine liberale Ökoprovinzstadt zu sein. Ausgerechnet dort haben Geflüchtete in zahlreichen Diskotheken und Clubs keinen Zutritt mehr. Wie die Badische Zeitung berichtete, habe es "Zwischenfälle, darunter sexuelle Übergriffe auf Besucherinnen" gegeben. Angezeigt wurden die Vorfälle größtenteils nicht, so der Bericht. Die Polizei habe keine Zunahme der Straftaten in diesem Bereich festgestellt, heißt es dort.

(Ein Bericht der Freiburger Polizei, der hier zuvor irrtümlich erwähnt wurde, bezog sich auf einen anderen Vorfall der sexxuellen Belästigung, außerhalb von Freiburg, begangen von einem "alkoholisierten Urlaubsgast" in Feldberg/Schwarzwald).

Der Genuss von Alkohol und anderer bei manchen Menschen aggressionshemmende Substanzen sind in allen Clubs und Diskotheken die Regel. Zudem sind die Berichte, über oft vergebliche Versuche, am Türsteher vorbeizukommen, nun wahrlich Legion. Schon immer spielte dabei auch die Hautfarbe und die Nationalität von Menschen inoffiziell eine Rolle.

In den letzten Jahren mussten Clubs öfter Strafe zahlen, wenn sie Menschen auf Grund ihres nichtdeutschen Aussehens den Eintritt in die Räumlichkeiten verwehrten. 2011 hat ein dunkelhäutiger Mann Schadenersatz bekommen, weil er nicht in eine Disko gelassen wurde. Die Richter waren "überzeugt, dass ihm der Eintritt verwehrt wurde, weil männliche Ausländer nicht erwünscht waren".

Harte Linie gegen Flüchtlinge

Eigentlich könnte man erwarten, dass der grüne Oberbürgermeister von Freiburg, Dieter Salomon, auf das Diskriminierungsverbot verweist und alles unternehmen wird, um es durchzusetzen. Doch längst hat der Rechtspopulismus zu einem Erodieren dieser egalitären Grundsätze beigetragen. So werden in vielen Medien Geflüchtete pauschal zu Vergewaltigern gestempelt. Gewalt gegen Frauen und sexistische Anmache waren in Deutschland wohl nicht unbekannt. Nur will sich jetzt plötzlich niemand mehr erinnern, dass es immer wieder Probleme mit alkoholisierten Männern gab und gibt.

Vielleicht hätte Bürgermeister Salomon Einführungskurse anregen können, in denen Geflüchtete über die Problematik alkoholhaltiger Getränke informiert werden. Denn es mag tatsächlich so sein, das viele junge Menschen aus arabischen Staaten kultur- und religionsbedingt wenig Erfahrung mit dem Konsum von solchen Getränken haben und die Konsequenzen nicht kennen. Dann müssten aber die Rechtspopulisten zugeben, dass der von ihnen für alles Böse verantwortlich gemachte Islam an betrunkenen, aggressiven Männern nicht schuld sein kann.

Im Gegenteil können es die Erfahrungen einer Befreiung aus einer religiös reglementierten Welt sein, die auch Nebenfolgen hat, mit denen die Menschen umgehen lernen, wie es Menschen aus unseren Breiten ja auch müssen. Doch davon fällt bei Salomon kein Wort, denn dann würde er in den Fokus der Populisten geraten. So kündigt der grüne Oberbürgermeister brav eine harte Linie gegen "kriminelle Flüchtlinge" an. Damit trägt er mit zur Stigmatisierung bei. Schließlich ist die Herkunft und Nationalität von aggressiven Betrunkenen rechtlich völlig gleichgültig.

Bäderverbot nach wenigen Tagen aufgehoben

Schon zuvor hatte ein Bäderverbot für männliche Flüchtlinge in Bornheim für Diskussionen gesorgt. Nach wenigen Tagen wurde es wieder aufgehoben, wohl auch weil zahlreiche Rechtsaußengruppierungen der Stadt Bornheim ihre Zustimmung zukommen ließen. In der Zwischenzeit wurden Geflüchteten die Regeln in deutschen Bädern vermittelt.

Der Grund für das zeitweise Badeverbot waren Beschwerden von Besucherinnen über Belästigungen der unterschiedlichsten Art. Auch hier soll daran erinnert werden, dass das aggressive Verhalten vor allem männlicher Jugendlicher meist in Freibädern seit Jahren ein großes Thema ist. Auch hier geht es also nicht primär um die Herkunft.

Zudem sollten sich historisch interessierte Menschen sich daran erinnern, dass schon lange vor der NS-Zeiten den berühmten deutschen Nord- und Ostseebädern Juden der Zutritt verboten war. Es gab sogar Postkarten, auf denen sich angesehene Kurbäder schon lange vor 1933 judenfrei erklärten. Das macht deutlich, dass solche Ausgrenzungen am Beginn für weitere Stigmatisierungen stehen können .

In Großbritannien ist die Sensibilisierung wohl größer als in Deutschland. Dort sorgten rote Armbänder, die Betreiber von Flüchtlingsunterkünften den Bewohnern gaben, angeblich um die Essensausgabe besser zu regeln, für Angriffe von Rassisten, aber auch für Empörung bei der Zivilgesellschaft und einer Debatte im Londoner Unterhaus.