Mehr Licht für die Welt

136 Jahre nach ihrer Patentierung könnte die totgesagte Glühbirne nun eine technische Renaissance erleben.

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136 Jahre nach ihrer Patentierung könnte die totgesagte Glühbirne nun eine technische Renaissance erleben. Wissenschaftler am Massachusetts Institute of Technologie (MIT) sowie der Purdue University in Indiana wollen ihre Energieeffizienz mit einer Nano-Beschichtung auf 40 Prozent steigern.

In einem Paper für die Fachzeitschrift Nature Nanotechnology erklären Ognjen Ilic und seine Kollegen das Prinzip: Physikalisch bedingt strahlen Glühlampen nur einen kleinen Teil ihrer Energie in Form von sichtbarem Licht ab. Der weitaus größere Teil der Emission steckt im nicht sichtbaren infraroten Bereich. Innerhalb der EU dürfen Glühlampen daher seit 2012 nicht mehr verkauft werden, weil sie zu ineffizient sind.

Das könnte sich nun ändern: Der Glühfaden in der neuen MIT-Lampe steckt zwischen zwei dünnen Scheiben. Die sind mit 90 extrem dünnen Schichten aus Silizium- und Tantaloxid versehen, die dafür sorgen, dass Infrarot-Strahlung reflektiert und sichtbares Licht durchgelassen wird. Statt einfach in der Umgebung zu verpuffen, wie bei herkömmlichen Glühlampen, heizt die reflektierte Wärmestrahlung die Glühwendel weiter auf – und spart so Energie.

Laut dem Forscherteam hat der Prototyp bereits eine dreimal höhere Lichtausbeute als klassische Glühbirnen – rund 15 Prozent. Mit 300 Schichten aus drei verschiedenen Materialien ließe sich die Lichtausbeute rechnerisch auf bis zu 40 Prozent zu erhöhen. Damit wäre eine Glühbirne, deutlich effizienter als eine LED.

Die US-Forscher sind allerdings nicht die ersten, die versucht haben, aus einer simplem Glühlampe mehr Licht herauszuholen. 2009 beispielsweise schossen Chunlei Guo von der University of Rochester und seine Kollegen mit einem ultrakurzen Laserpuls auf eine Glühwendel. Am Fokuspunkt wurde das Wolfram pechschwarz – die Lampe strahlte an dieser Stelle deutlich mehr Licht ab. Das Konzept verschwand allerdings wieder in der Versenkung – genau wie der Versuch, Glühlampen innerhalb der EU kurzerhand als "Heizelemente" zu deklarieren, um sie weiter verkaufen zu können.

Zudem könnte das neue Konzept des "Licht Recycling" auch an anderen technischen Randbedingungen als der Energieeffizienz scheitern. So geben die Autoren beispielsweise nicht an, wie haltbar die neue Lampe ist.

Historisch betrachtet folgen sie damit dem Vorbild von Edison. In ihrem Buch "Empires of Light" schildert die Historikerin Jill Jonnes, wie sehr Edison bei der Entwicklung seiner Erfindungen gepokert hat.

Denn als Edison am 15. September 1878 einem Reporter der New York Sun verkündete, die Lösung für das Problem der elektrischen Beleuchtung gefunden zu haben, erzählte er nur die halbe Wahrheit. Zwar konnte der "Zauberer von Menlo Park" der staunenden Presse tatsächlich die ersten Glühlampen vorführen. Die dünnen Platindrähte darin hielten allerdings nur rund eine Stunde lang – dann waren sie durchgebrannt. Was Edison der Presse natürlich nicht vorführte.

Denn die frühe Ankündigung eines noch nicht existenten Produktes – später unter der Bezeichnung "Vaporware" bekannt geworden – brachte dem Erfinder nicht nur Aufmerksamkeit sonder vor allem neue Aufträge und jede Menge Risikokapital. Was er aber auch dringend brauchte, denn um sich von seinen Konkurrenten abzusetzen hatte Edison auch angekündigt, auf New Yorks Straßen 500 der neuen Lampen zu installieren.

Die Lösung für seine Probleme – ein mit Kohlestaub präparierter Baumwollfaden – fand Edisons Team erst nach langer, systematischer Suche im Oktober 1879. Und auch diese Lampe brannte zunächst nur 14 Stunden.

Am 27. Januar 1880 wurde dem Erfinder dann das Patent Nr. 223.898 auf die "Elektrische Lampe" erteilt. Die wahre Leistung des Erfinders, schreibt Jones, läge aber nicht in der Technik. Mit seiner Art der Erfindung habe Edison vielmehr, eine neue Art von "Beziehung zwischen Wissenschaft, Kapital und Technik" etabliert. Dieses Prinzip funktioniert noch immer. Was hingegen aus der Glühbirne wird, müssen wir wohl abwarten. (wst)