Atomkraft: Störfall in den USA

AKW Indiana Point bei New York verliert größere Mengen kontaminierten Wassers

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In dem im US-Bundesstaat New York gelegenen Atomkraftwerk Indiana Point sind größere Mengen radioaktiv-kontaminierten Wassers ausgetreten. In einigen Brunnen auf dem Reaktorgelände wurde eine um das 650fache erhöhte Konzentration des radioaktiven Wasserstoffs-Isotops Tritiums gemessen, wie der Gouverneur von New York, Andrew M. Cuomo, in einer Stellungnahme schreibt.

Tritium ist ein sogenannter Beta-Strahler, der aufgrund der geringen Reichweite der Strahlung nur gefährlich wird, wenn er eingeatmet wird oder mit der Nahrung in den Körper gelangt. Bisher scheint allerdings nicht klar zu sein, wie weit sich das kontaminierte Wasser im Untergrund verteilt hat und inwiefern es Trinkwasserreservoirs erreichen könnte.

Das Kraftwerk Indian Point ist etwa 55 Kilometer flussaufwärts von New York City am Hudson River gelegen. Laut Wikipedia leben in einem Umkreis von 80 Kilometern um die Anlage 20 Millionen Menschen. Zwei Druckwasserreaktoren mit einer Bruttoleistung von jeweils rund einem Gigawatt sind dort seit 1973 und 1976 im Betrieb, also bereits 43 und 40 Jahre. Ein dritter Reaktor wurde bereits stillgelegt. In den USA haben einige Reaktoren inzwischen geplante Laufzeiten von 60 Jahren genehmigt bekommen.

Der Tritium-Austritt ist nicht das erste Ereignis dieser Art in Indian Point gewesen. Gouverneur Cuomo schreibt in seiner Stellungnahme, dass das Radioaktivitäts-Niveau "signifikant höher als bei bisherigen Vorfällen" gewesen sei. Schon vor sieben Jahren hatten wir auf Telepolis Berichte aus den USA aufgegriffen, die von lecken Kühlwasserleitungen im AKW Indian Point zu erzählen wussten.

Seinerzeit waren dort aus verrosteten Leitungen rund 400.000 Liter kontaminierten Wassers in den Untergrund versickert. Wikipedia berichtet außerdem von Leckagen der Abklingbecken des Kraftwerks. In derartigen Becken werden abgebrannte Brennstäbe gelagert, bis ihre ständig neue Wärme erzeugende Aktivität soweit abgeklungen ist, dass sie in ein Zwischenlager gebracht werden können.

Die britische Zeitung Guardian schreibt, dass es allein im Dezember drei Schnellabschaltungen im AKW Indian Point gegeben hat. Cuomo habe die Betreiber nach den jüngsten Funden "ermuntert", die Reaktoren vorerst herunterzufahren, doch nach Informationen der US-Atomaufsicht waren am Montag beide im Betrieb.

Die Betreiber zeigen sich in einer Stellungnahme besonders kreativ: „While elevated tritium in the ground onsite is not in accordance with our standards, there is no health or safety consequence to the public, and releases are more than a thousand times below federal permissible limits." Erhöhte Tritium-Konzentrationen im Grundwasser unter dem Kraftwerk entsprächen also nicht den Standards, aber daraus würden sich keine Konsequenzen für die öffentliche Gesundheit ergeben. Trinkwasser sei nicht gefährdet, behauptet das Unternehmen, obwohl es nur Messungen von seinem eigenen Gelände vorliegen hat.

Die reale Gefährdung für etwaige Grundwasservorkommen hängt davon ab, wie weit diese von der Gefahrenquelle entfernt sind, welche Austauschwege und -geschwindigkeiten es im Untergrund gibt sowie von der Halbwertzeit des Tritiums, die 12,32 Jahre beträgt. Letzteres heißt, dass die Radioaktivität nach rund 25 Jahren auf ein Viertel des ursprünglichen Niveaus abgesunken ist. Interessant für eine Beurteilung die Gefährdung wären auch Angaben über die Menge des ausgetretenen Wassers, doch hierüber schweigt sich das Unternehmen genauso aus wie über die exakten Messwerte in ihren Beobachtungsbrunnen.