Nordkorea: Raketenstart erhöht Spannungen

In Ostasien sorgen Aktionen Pjöngjangs für Unruhe. Japans Regierung sind sie Argument für die Militarisierung ihrer Außenpolitik

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Nordkorea hat am Sonntag eine Rakete abgeschossen, die unter anderem über die japanische Insel Okinawa flog. Die Regierung in Pjöngjang gibt an, das Geschoss habe einen Satelliten in den Orbit befördert, aber die meisten Beobachter gehen eher davon aus, dass eine ballistische Rakete getestet wurde.

Nordkorea hat in den vergangenen Jahren durch wiederholte Atombombentests und die Entwicklung von Mittel- und Langstreckenraketen für Spannungen in der Region gesorgt. Das dortige Regime begründet seine Rüstung mit der Weigerung Washingtons und Seouls nach inzwischen mehr als 60 Jahren Waffenstillstand endlich einen Friedensvertrag auszuhandeln und mit der starken Truppenpräsenz der USA in Südkorea und dem benachbarten Japan.

Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua gibt die offizielle Begründung der verbündeten Regierung für den Raketenstart vom Sonntag wieder, weist aber zugleich quasi tadelnd darauf hin, dass der Raketenstart "unabhängig vom Wahrheitsgehalt" der Stellungnahme zu internationalen Spannungen führe. Die Situation auf der Koreanischen Halbinsel sei dadurch komplizierter geworden und der Raketenstart könne zu mehr Sanktionen führen. Die Lösung des Konflikts könne nur durch Verhandlungen erreicht werden.

In Japan nutzen derweil Regierung und rechte Gruppen den Raketenstart für ihre Zwecke aus. Ministerpräsident Shinzo Abe dient der unfreundliche Akt Nordkoreas nach einem Bericht der Japan Times als zusätzliches Argument für seine Kampagne gegen das Kriegsverbot in der japanischen Verfassung. Seit Jahren arbeitet er daran, deren Artikel 9 zu streichen.

Gleichzeitig nimmt Japans Rechte den Vorfall zum Anlass für fremdenfeindlich Aktionen gegen die seit Generationen im Land lebenden, aber von der Mehrheitsgesellschaft weitgehend ausgeschlossenen Koreaner. Vor deren Vertretung in Tokyo gab es am Montag nach einem Bericht der Japan Times eine kleine Protestkundgebung statt. Die japanische Nachrichtenagentur Kyodo schreibt zudem, dass Schüler einiger koreanischer Schulen in Japan bedroht worden seien.

Kritik an der Politik Pjöngjangs gibt es auch von Friedensaktivisten, allerdings deutlich differenzierter. Die Japan Times schreibt von Vertretern der Atombombenopfer aus Hiroshima und Nagasaki sowie vom Bürgermeister Hiroshimas, die die nordkoreanische Atomwaffen-Politik verurteilen, aber zugleich von den USA und Japan, das unter dem Schutz der US-Atomwaffen stehe, den ersten Schritt zur nuklearen Abrüstung fordern.