Windenergie billiger als Kohle und Atom

Studie attestiert Windkraft Konkurrenzfähigkeit und geht von einem weiter kräftig wachsenden Markt in Europa aus

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Das Beratungsunternehmen Roland Berger hat eine Analyse der Onshore-Windenergie in Europa vorgelegt. Diese geht einerseits vom wachsenden Kostendruck, dem allgemeinen Übergang zu Ausschreibungsmodellen und einem hohen Investitionsbedarf für den Netzausbau aus. Andererseits sieht sie hohe Einsparpotenziale bei den Betriebskosten sowie konkurrenzfähige Stromgestehungskosten und damit ein weiter hohes Wachstumspotenzial der Branche.

Interessant ist unter anderem ein Vergleich der Gestehungskosten verschiedener Erzeuger. Zwischen 2010 und 2014 seien diese um ein Drittel gesunken. Mit umgerechnet 7,3 Cent pro Kilowattstunde sei der Windstrom von an Land errichteten Anlagen inzwischen fast unschlagbar.

Nur Wasserkraft ist mit sechs Cent pro Kilowattstunde noch billiger. Kohlestrom würde hingegen 8,3 und Atomstrom 8,8 Cent pro Kilowattstunde kosten. Noch höher liegen die Kosten nur bei der Fotovoltaik (12,9), der Biomasse (13,3) und beim Offshore-Wind (16 Cent pro Kilowattstunde). Bei letzterem gehen die Autoren davon aus, dass mit größeren Stückzahlen und technischem Fortschritt bis 2020 die Kosten auf unter zehn Cent pro Kilowattstunde gedrückt werden können.

Die Angaben beziehen sich offensichtlich auf jeweils neue Anlagen. Ansonsten machen die Autoren jedoch keine Angaben über die Berechnungsgrundlage dieser Zahlen, sondern verweisen nur auf die Quelle Energy Intelligence, einen nur für Abonnenten zugänglicher Fachinformationsdienst.

Allerdings stimmen die Gestehungskosten für Kohlestrom auch mit verschiedenen Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel ein, der sich schon mal darüber beklagt, dass sich der Neubau von Kohlekraftwerken bei heutigen Börsenstrompreisen nicht mehr rechnet.

Die Angabe für Atomstrom könnte sogar noch etwas überoptimistisch sein. Die britische Regierung hat den potenziellen Bauherren des AKW Hinkley Point für 35 Jahre einen fixen Strompreis von 12 Cent pro Kilowattstunde mit Inflationsausgleich versprochen. Dennoch ziert sich, wie berichtet, der französische Atomstromer EDF noch immer, grünes Licht für den Baubeginn zu geben.

Vor diesem Hintergrund gehen die Autoren davon aus, dass sich der Windmarkt in Europa auch in den nächsten Jahren kräftig weiter entwickeln wird. 2020 könnte demnach 290.000 Menschen durch den Onshore-Wind ihr Auskommen finden. 2010 waren es 150.000. Für die nächsten 15 Jahre wird mit jährlich durchschnittlich 15 Milliarden Euro in neue Windkraftanlagen an Land gerechnet.

Derweil gebe es für die Betreiber viele Möglichkeiten, die Betriebskosten zu senken. Das reiche von den Versicherungen über die Pachtpreise bis zur Wartung, dem größten Posten. Interessant unter anderem der Hinweis, dass nicht immer erst auf Ausfälle gewartet werden sollte. Vorsorgende Wartung, bei der zum Beispiel Verschleißteile rechtzeitig ausgewechselt werden, sei betriebswirtschaftlich günstiger, als erst bei Ausfällen tätig zu werden. Letztere sind nicht planbar und können unter Umständen bei Stillstand der Anlage mit Einkommensausfällen verbunden sein.