Pro und Kontra: Mobilmarkt-Monopol

Bei den Mobil-Betriebssystemen zeichnet sich ein Oligopol ab, Apple und Google kann keiner das Wasser reichen. Aber brauchen wir überhaupt mehr als Android und iOS? Die iX-Redakteure Moritz Förster und Tilman Wittenhorst sehen das sehr unterschiedlich.

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Pro und Kontra: Mobilmarkt-Monopol
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Die Liste der gescheiterten alternativen Betriebssysteme für Smartphones ist zu lang für ein Editorial. Es scheint, als könne sich kein Dritter neben Google und Apple behaupten. Windows Mobile strauchelt noch, aber die Geier kreisen schon. Canonical hofft ebenfalls auf eine Nische, doch das Interesse ist bisher gering.

Sind also die beiden etablierten Systeme bereits perfekt für alle Nutzer? Weit gefehlt, aber kein aufstrebender Konkurrent konnte bisher etwas bieten, was ihn wirklich absetzte. Firefox OS sollte vor allem günstig sein, kam aber nie vom Platz. Microsofts Continuum soll den Desktop und das Smartphone verbinden, aber klassische Windows-Programme laufen nicht auf der ARM-Plattform. Außerdem beschneidet sich der Konzern selbst, das preiswerte Lumia 650 bietet die Funktion nicht und gerade in diesem Segment konnte der Hersteller wenigstens etwas punkten. Wenn es außer einer grundlegenden Affinität für das System selbst keinen Grund zum Wechsel der Plattform gibt, bleiben die meisten Nutzer eben bei iOS oder Android.

Liegt es also ausschließlich an den mangelnden Innovationen? Nein, denn viele Anwender sorgen sich genauso um ihre Daten und Privatsphäre. Weder Apple noch Google halten sich hier zurück. Wieso schaffen es Ubuntu Phone und Jolla mit Sailfish OS dann nicht? Weil Android den wenigen Aufmerksamen schon ausreichend Alternativen bietet. Dank Open-Source-Basis haben sich schon genug Entwickler an Projekte wie CyanogenMod gemacht, mit denen man ziemlich schnell auf einen App-Store und Cloud verzichten kann. Selbst BlackBerry hat inzwischen den Wechsel zu Android vollzogen. Und kaum stellt Canonical Convergence vor, erblickt wenige Tage später eine ähnliche Idee mit Android das Licht der Welt.

Das, was den Linux-Desktop lähmt, verhindert auf dem Smartphone das Entstehen echter Alternativen. Statt das Rad immer wieder neu erfinden zu müssen, schrauben Entwickler an den richtigen Stellen und stellen so einen Großteil der Nische zufrieden. Zwei Anbieter sind genug, vor allem wenn einer der beiden flexibel genug ist, um genauso besondere Wünsche zu bedienen. (Moritz Förster)

Trotz der besseren Ideen beißen sich bislang alle Konkurrenten an der Marktmacht von Android und iOS die Zähne aus. BlackBerry etwa konnte die überlegene Unternehmenstauglichkeit seiner Geräte und seiner Software nicht erfolgreich vermarkten. Mit dem Modell PRIV sucht der Hersteller eine letzte Rettung bei Android und verspricht, mit monatlichen Sicherheitsupdates die Arbeit zu erledigen, die eigentlich Google leisten müsste.

Microsofts Lumia-Geräte bleiben bislang ein Nischenprodukt. Immerhin verteilt der Konzern seine Updates an den Mobilfunkbetreibern vorbei gleichzeitig auf alle Modelle (davon träumen Android-Benutzer) und versucht zudem mit Continuum, x86-Smartphones zum Desktop-Ersatz zu machen. Eine gute Idee, die für die meisten Alltagsaufgaben im Büro funktionieren dürfte.

Außenseiter Mozilla wollte mit dem offenen Betriebssystem Firefox OS vor allem Kunden die Herstellerwahl überlassen und sie nicht mit Datenpreisgabe gängeln. Viel Pech und leider auch Arroganz der Foundation ließen das Projekt scheitern. Hoffentlich kann sich wenigstens Canonical durchsetzen.

Firmenkunden wollen bei Mobilgeräten freie Auswahl, offene Standards, Kontrolle über Daten und Apps sowie Sicherheit, aber weder Google noch Apple scheren sich ernsthaft darum. Das heillos zersplitterte Android ist vor allem ein Sicherheitsdesaster und die Updatepolitik der meisten Smartphone-Hersteller kaum vertrauensbildend. Manche Anbieter (wie Samsung mit KNOX) köcheln eher halbherzig ihr eigenes Enterprise-Süppchen. Echte Vielfalt ist das nicht, doch ist Android mittlerweile leider schon „too big to fail“.

Apple scheint mehr ins Design verliebt und kümmert sich zu wenig um penetrante Bugs in seiner Software, die Anwender und Administratoren beinahe in den Wahnsinn treiben. Der Konzern scheint sich auf seinem gigantischen Geldbestand auszuruhen wie Google auf seinem alles erdrückenden Marktanteil. Deswegen braucht es viele Anbieter auf dem Markt. Mit den Nischenprodukten verschwinden jedoch die guten Ideen, und die großen Zwei richten sich in ihrer Bequemlichkeit und Nachlässigkeit ein. Es wäre schade um Offenheit und Vielfalt. (Tilman Wittenhorst)

(Dieser Text ist eine Vorabveröffentlichung aus iX 3/16. Das Heft kann ab dem 24. Februar online bestellt werden.)
(js)