Künstliche Intelligenz erleichtert Malaria-Diagnose

Ein Algorithmus, der die Tropenkrankheit in Laborproben identifizieren kann, könnte besonders in der Dritten Welt hilfreich sein.

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  • Anna Nowogrodzki

Ein Algorithmus, der die Tropenkrankheit in Laborproben identifizieren kann, könnte besonders in der Dritten Welt sehr hilfreich sein.

Versuche, die Malaria ein für alle Mal auszurotten, gab es schon viele – doch in einigen Regionen der Welt ist es schon allein schwierig, die die Krankheit auslösenden Parasiten in einer Blutprobe nachzuweisen. Hauptgründe sind die oft unvollständige Diagnostikausstattung – und mehr schlecht als recht ausgebildete Labortechniker.

Möglicherweise bieten Algorithmen aus der künstlichen Intelligenz Abhilfe. Solche Software wird in einem automatischen Mikroskop namens Autoscope verwendet, das eine Genauigkeit von 90 Prozent bei der Erkennung von Malaria-Parasiten aufweist. Charles Delahunt und seine Kollegen von Intellectual Ventures Laboratory – dem Forschungsarm der Patentlizenzierungsfirma von Microsoft-Mitbegründer Nathan Myhrvold – haben das System mit Unterstützung von Bill und Melinda Gates und den Global Good Fund entwickelt.

Das System wurde bereits von Dezember 2014 bis Januar 2015 in der Grenzregion zwischen Thailand und Myanmar innerhalb der Shoklo Malaria Research Unit getestet. Die Ergebnisse, die eine Malaria-Saison umfassten, liegen mittlerweile vor.

Das Autoscope ist eine 38 Zentimeter hohe und knapp 18 Zentimeter breite weiße Kiste, in der ein Mikroskop mit einem angeschlossenen Laptop steckt. Auf diesem läuft ein Programm, das Deep-Learning-Verfahren verwendet, um die Aufnahmen zu analysieren. Deep-Learning-Systeme nutzen künstliche neuronale Netze, die das Gehirn nachbilden – um einem Rechner zu erlauben, abstrakte Muster zu erkennen.

Das Team von Delahunt und Kollegen trainierte die Software anhand von 120 Proben aus Sammlungen, die aus der ganzen Welt stammten. Einige zeigten Malaria, andere eine saubere Probe. Der Algorithmus nutzt visuelle Eigenschaften wie Form, Farbe und Textur, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, ob ein vorliegendes Bild Malaria-Parasiten enthält. Während des Tests in Thailand wurden 170 Proben klassifiziert.

"Die Technik könnte breite Verwendung finden", meint Mehul Dhorda, Leiter des Asia Regional Centre beim WorldWide Antimalarial Resistance Network. "Das gilt nicht nur für die Forschung und für Resistenztests bei der Entwicklung von Malaria-Medikamenten, sondern eben auch für die klinische Praxis." Dhorda arbeitet mit Intellectual Ventures an einigen der aktuellen Autoscope-Versuche, war aber an der Studie in Thailand nicht als Autor beteiligt.

2015 waren 214 Millionen Menschen von Malaria betroffen. Die Krankheit war für den Tod von rund 438.000 Personen verantwortlich. Weltweit werden 2,7 Milliarden Dollar im Jahr für die Bekämpfung der Krankheit eingesetzt.

Bei der aktuellen Diagnostik werden zwei Ansätze verwendet: Die Mikroskopie sowie Schnelltests. Letztere basieren auf Diagnostikkarten, die grafisch zeigen, ob eine Probe Malaria enthält – ähnlich wie Schwangerschaftstests. Die Schnelltests sind günstig, doch selbst nur geringe Kosten können dafür sorgen, dass sie in der Dritten Welt nicht verwendet werden. Hat eine Klinik einmal ein Mikroskop angeschafft und besitzt die notwendigen Glasplättchen, können diese ohne Zusatzkosten wiederverwendet werden.

Ein weiterer Nachteil der Diagnostikkarten ist, dass sie nicht zeigen, wie stark die Malaria-Präsenz ist. Sie zeigen nur das Vorhandensein der Parasiten an. Für resistente Malaria-Arten oder besonders schwere Fälle sind sie ungeeignet. "Wenn man ein sehr krankes Kind mit einer schweren Malaria hat, geht es darum, die Parasitenkonzentration zu kontrollieren. Man möchte alle sechs Stunden sehen, ob die Medikation anschlägt", sagt Albert Kilian, Malaria-Experte bei der Tropical Health Consultancy. In diesen Fällen "helfen Schnelltests nichts".

Mikroskope benötigen aber gut trainierte Laborbesatzungen und in vielen Malaria-Gebieten fehlt es an ihnen – oder es gibt Nachwuchsprobleme. Das Autoscope kann praktisch jeder bedienen. "Wir sind nicht so gut wie die besten Labortechniker, aber deutlich besser als fast alle Mikroskopbediener in den Ausbreitungsgebieten", meint Delahunt – jeweils bezogen auf die Standards der WHO.

Bis sich Autoscope durchsetzen kann, müssen aber noch einige Hürden genommen werden. Dazu gehört, dass das Gerät ausreichend Strom benötigt. Und dann wären da noch die Kosten. Intellectual Ventures Laboratory sucht derzeit nach Partnern zur Kommerzialisierung. Diese sollen dabei helfen, den Preis auf 1.500 bis 4.000 US-Dollar pro Stück zu drücken. 2016 soll es weitere Feldtests in Peru und Südostasien geben – darunter auch welche mit resistenten Erregern. (bsc)