Mythos Karl Koch - Junges Schauspiel Hannover bringt "23" auf die Bühne

Es ist das Psychogramm eines besessenen jungen Mannes und gleichzeitig ein Thriller aus der Zeit des Kalten Krieges: Regisseur Christopher Rüping hat aus der sagenumwobenen Lebensgeschichte des Hackers Karl Koch ein Theaterstück gemacht.

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Mythos Karl Koch - Junges Schauspiel Hannover bringt "23" auf die Bühne

(Bild: Katrin Ribbe)

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  • dpa

Mit dem Schicksal des jungen Hackers Karl Koch, der sich in Verschwörungstheorien verstrickt, beschäftigt sich das Junge Schauspiel Hannover. Das Stück "23 – Nichts ist so wie es scheint" beruht auf einer wahren Geschichte. Der junge Hannoveraner geriet in der Endphase des Kalten Krieges zwischen die Geheimdienste und wurde vier Jahre später 1989 tot in einem Wald bei Wolfsburg entdeckt. Am Dienstag (23.) wird das Stück nach dem gleichnamigen Film von Hans-Christian Schmid uraufgeführt.

"Es ist keine Adaption des Filmes. Wir wollen unsere eigene Geschichte erzählen", sagte Regisseur Christopher Rüping am Montag. "Karl Koch war mit seiner Vision von einem virtuellen Ich und einer vernetzten Welt seiner Zeit weit voraus." Der junge Hacker habe das Potenzial des Internets erkannt, als viele es nur für eine technische Spielerei hielten. «Er hat einen geradezu prophetischen Text geschrieben: "Im Cyberspace wirst du zu dem, der du eigentlich sein willst, aber in deinem echten Leben nicht sein darfst."

Karl Koch war inspiriert von der Romanfigur Hagbard Celine aus der Illuminatus-Trilogie und überzeugt davon, dass die Zahl 23 immer dann auftaucht, wenn etwas Schlimmes in der Weltgeschichte passiert. Die Verschwörungsfantasien trieben den jungen Mann in die Kokainsucht, wegen paranoider Schübe lieferte er sich wiederholt selbst in die Psychiatrie ein, wie das Schauspiel schreibt.

Der 30-jährige Regisseur spielt in seinem knapp zweistündigen Stück mit dem Zeitgeist und der Ästhetik der 80er Jahre. Dabei begreift er die 80er Jahre-Welt als Chiffre für die Gegenwart. "In unserer jetzigen Realität sind Verschwörungstheorien wieder extrem präsent - wie in den 80er Jahren", sagte Rüping, der wie Koch in Hannover aufwuchs und von der kommenden Spielzeit an als Hausregisseur an den Münchner Kammerspielen arbeitet. Das Regietalent war mit seiner Film-Adaption von "Das Fest" am Schauspiel Stuttgart 2015 zum Berliner Theatertreffen eingeladen worden.

Karl Kochs verkohlte Leiche wurde 1989 in einem Wald bei Wolfsburg gefunden. Eine Woche zuvor – ausgerechnet am 23. Mai – war der 23-Jährige verschwunden. Die Polizei ging von Selbstmord aus, allerdings bleiben die Hintergründe bis heute rätselhaft. Rüping betont in seiner Inszenierung die Todesart, das Verbrennen. "Dieser Akt hat ihn zu der Legende werden lassen, die er immer sein wollte", sagt der Regisseur. (axk)