Die CIA und ihre Geheimkunst

US-Nachrichtendienste halten nicht nur Staatsgeheimnisse und die Anzahl ihrer Mitarbeiter geheim – sondern auch Gemälde.

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Von
  • Peter Glaser

US-Nachrichtendienste halten nicht nur Staatsgeheimnisse und die Anzahl ihrer Mitarbeiter geheim – sondern auch Gemälde.

In den Hallen des CIA-Hauptsitzes in Langley, Virginia hängen 29 abstrakte Bilder von Künstlern der Washington Color School, einer Form der abstrakten Malerei, deren Vertreter sich in den 50er- und 60er-Jahren vor allem in Washington zusammenfanden. Zu ihren bekanntesten Vertretern gehören Mark Rothko und Helen Frankenthaler.

Außer wenn man einer der vielen Mitarbeiter der CIA ist – die genaue Zahl der CIA-Mitarbeiter wird geheimgehalten –, sind die Chancen, diese Bilder jemals zu sehen, oder auch nur digitale Bilder von ihnen, ziemlich gering. Wie die in Portland lebende Künstlerin Johanna Barron erfahren musste, hält die CIA Informationen über ihre Kunstsammlung geheim.

Vor einigen Jahren hatte Barron ein Foto von Taryn Simon gesehen, darauf zwei abstrakte Gemälde, die in einem CIA-Flur hingen. Sie wollte sie mehr über die Kunstsammlung der CIA wissen, aber auf deren Website gab es nur ein Infoschnipsel zu einem einzigen der Bilder, "Black Rhythm" von Gene Davis.

Barron reichte eine FOIA-Anfrage ein, in der Hoffnung, ein paar mehr Details und Bilder in Erfahrung bringen zu können. (Der Freedom of Information Act (FOIA) gibt jedem Bürger das Recht, Zugang zu Behördenmaterial zu verlangen.). Trotz mehrerer FOIA-Anfragen lehnte die CIA es immer wieder ab, Barron irgendwelche Informationen über die Melzac-Sammlung zu geben.

Die Arbeiten waren der Agentur in den 80er-Jahren von einem republikanischen Sammler namens Vincent Melzac überlassen worden, der einst Leiter der Corcoran Gallery of Art in Washington gewesen war. "Der hervorhebenswerteste Vorfall seiner Amtszeit", vermerkt ein Nachruf aus dem Jahr 1975 in der Washington Post, "war ein Faustkampf, den er mit dem vormaligen Galerieleiter Gene Baro austrug."

Diese wilde Geschichte inspirierte Barron zu dem Projekt "Acres of Walls", in dem sie Gemälde aus der Melzac-Sammlung auf Basis unermüdlich gesammelter Informationsfetzchen im Maßstab 1:16 nachzuschaffen versucht. "Es hat mir gefallen, dass die CIA nichts davon wusste", schrieb Barron dem Online-Kunstmagazin hyperallergic. "Es war auch eine Hommage an die Künstler. Ich fing an, die Maler der Washington Color School zu mögen." Mit ihren Bildern erkundet die Künstlerin, was sie den "reflexhaften Mangel an Transparenz bei Behörden" nennt.

Als Informationsfundgruben erwiesen sich für sie die großformatige Aufnahme eines CIA-Flurs von Taryn Simon und ein Enthüllungsbuch über die CIA. Da sie nicht alle Informationen über die Kompositionen finden konnte, sind einige von Barrons nachgeschaffenen Bildern mit Absicht teilweise geschwärzt oder pixelig, Dazu kommen Andenken ihrer vergeblichen Versuche, mit der CIA zu kommunizieren, einschließlich der Ablehnungen ihrer FOIA-Anfragen.

"Es war frustrierend, dass sie meine Anfragen verweigert haben", sagt Barron. "Es gab schon erhebliche Anstrengungen, den Freedom of Information Act zu reformieren, und ich denke, dass mein Projekt ein gutes Beispiel dafür ist, wie nötig das wäre." Für Verschwörungstheoretiker ist es ein gefundenes Fressen.

Warum bleibt diese Kunstsammlung under cover? Gibt es dahinter Geheimtüren? Enthalten sie verschlüsselte Nachrichten der Illuminaten oder codierte Vergrößerungen der gesammelten Lieblings-Penisfotos der NSA? Sind es abstrakte Porträts außerirdischer, ihrer Menschenmasken beraubter Politiker? Die Welt wird es vielleicht nie erfahren. (bsc)