Das Kind als Schlüssel zum Glück

In Schweden kam jetzt der fünfte Säugling auf die Welt, der von einer Frau mit einer implantierten Gebärmutter ausgetragen wurde. Auch in den USA wird das Verfahren getestet. Was aber werden die Kinder dazu sagen?

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Von
  • Inge Wünnenberg

In Schweden kam jetzt der fünfte Säugling auf die Welt, der von einer Frau mit einer implantierten Gebärmutter ausgetragen wurde. Auch in den USA wird das Verfahren getestet. Was aber werden die Kinder dazu sagen?

Kinder zu haben oder eben nicht, gehört zu den zentralen Wendepunkten im Leben. Daher gibt es gerade auf diesem Gebiet so viele umstrittene medizinische Angebote, zu denen auch die Leihmutterschaft gehört. In Deutschland ist dieser Weg zum Wunschkind zwar aus nachvollziehbaren und unterstützenswerten Gründen verboten, aber in anderen Ländern, etwa den USA, zählt er zur gängigen Praxis.

Eine neue, aus Europa importierte Methode, jungen Frauen ohne eigene Gebärmutter den Wunsch nach einem selbst ausgetragenen Kind zu ermöglichen, testeten jetzt erstmals in den USA Chirurgen der Cleveland Clinic im Bundesstaat Ohio. Ende Februar implantierten sie einer 26-Jährigen eine Gebärmutter, wie die New York Times berichtete. Nach etwa einem Jahr, in dem die Patientin nun Immunsuppressiva nehmen muss, soll sie dann dank zuvor entnommener, künstlich befruchteter Eizellen schwanger werden.

Das Verfahren, bei dem die Amerikaner einmal nicht Vorreiter waren, hat der schwedische Gynäkologe Mats Brännström von der Universität Göteborg in den vergangenen rund 15 Jahren anhand intensiver Tierversuche entwickelt. Damit will der Mediziner jenen rund 1,5 Millionen Frauen weltweit helfen, die keine oder nur eine nicht funktionsfähige Gebärmutter haben. Bereits im Herbst 2014 kam der Veröffentlichung im Fachjournal The Lancet zufolge in der Sahlgrenska-Uniklinik das erste Baby zur Welt, das von einer Frau mit einer gespendeten Gebärmutter ausgetragen wurde.

Inzwischen sind es fünf Kinder, die aus den bisherigen neun Uterus-Transplantationen des schwedischen Ärzteteams hervorgegangen sind, wie die Neue Zürcher Zeitung vor Kurzem schrieb. Die Schweden setzen allerdings nur von lebenden Frauen gespendete Organe ein. Dabei muss die Spenderin bereits Kinder geboren und die eigene Familienplanung abgeschlossen haben. Jene Frauen zwischen 27 und 38 Jahren, die bislang am Sahlgrenska operiert wurden, brachten Brännström zufolge ihre Spenderin mit: Mutter, Schwester, Schwiegermutter oder eine Freundin der Familie.

Solch ein Opfer und auch die gesundheitlichen Risiken für die Spenderin lehnen die US-Ärzte kategorisch ab. Denn allein für die sorgfältige Entnahme der Gebärmutter benötigten die schwedischen Ärzte mehr als 10 Stunden, während die Transplantation selbst lediglich 5 Stunden in Anspruch nahm. Die Vorbehalte der amerikanischen Mediziner verwundern allerdings, da zum Beispiel bei Leihmüttern doch wohl ebenfalls von erheblichen medizinischen wie auch psychischen gesundheitlichen Risiken ausgegangen werden muss.

Die Ethikkommission des Cleveland Hospital hat jedenfalls ihre Zustimmung zu einer Versuchsreihe mit zehn Transplantationen gegeben, für die weitere Teilnehmerinnen gesucht werden. Eingesetzt werden sollen folglich ausschließlich von Toten gespendete Organe. Doch unabhängig von der Herkunft der transplantierten Organe: Diese Maßnahme, Frauen zu einer Schwangerschaft zu verhelfen, die sonst kein Kind austragen könnten, polarisiert. Weil es bei diesen Transplantationen nicht darum geht, ein Leben zu retten, sondern mehr um die Erfüllung eines großen Wunsches, vielleicht auch eines Lebenstraums.

Fachleute wie Christoph Rehmann-Sutter, Professor für Theorie und Ethik der Biowissenschaften an der Universität Lübeck, wollen das Verfahren der Neuen Zürcher Zeitung zufolge keineswegs von Vornherein verteufeln. Er gibt aber zu bedenken, wie es denn letztlich die Kinder sehen werden: Ob es für sie einfacher wäre, nachzuvollziehen, aus der Gebärmutter der Grossmutter hervorgegangen zu sein als aus dem Uterus einer toten Frau? "Ich weiß nicht, was besser ist, aber es ist sicher etwas völlig anderes", sagt der Ethik-Professor.

Fragen sollten sich die entwickelten Gesellschaften aber auf jeden Fall, was sie zu welchem Preis realisieren wollen. Dabei sollte vor allem auf die psychische Belastbarkeit der Kinder Rücksicht genommen werden. (inwu)