Aufatmen in Portugal

Der Konservative Rebelo de Sousa wurde neuer Präsident, er will die Linksregierung unterstützen

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Am Mittwoch erhielt Portugal mit Marcelo Rebelo de Sousa einen neuen Präsidenten. Zwar haben die Parlamentarier des marxistische Linksblocks (BE) und der grün kommunistischen Koalition CDU im Lissabonner Parlament nicht applaudiert, nachdem der konservative Jura-Professor und Fernseh-Kommentator am Morgen vereidigt worden war. Doch letztlich waren auch sie erleichtert. Vor allem darüber, dass er nun neues Staatsoberhaupt des kleinen und armen Landes ist und nicht mehr Aníbal Cavaco Silva.

BE und CDU hätten zwar lieber einen ihrer Kandidaten im Amt gesehen, im Notfall lieber einen der sozialistischen Kandidaten. Doch die Rechnung der Linksparteien ging am 24. Januar nicht auf. Statt einer Vorauswahl der linken Kandidaten setzte sich der bekannte Sousa schon im ersten Wahlgang durch.

Die große Mehrheit – nach Umfragen fast 90% der Bevölkerung - ist vor allem froh darüber, dass die Amtszeit von Aníbal Cavaco Silva beendet ist. In seiner Rede zeigte sich Sousa seinem Parteifreund gegenüber zwar "dankbar", doch er setzte sich sofort von ihm und seiner Amtsführung ab. Er habe getan, was er für "richtig und korrekt" gehalten habe. Dazu gehörte, dass Cavaco Silva "mit allen Mitteln", die ihm zur Verfügung standen, die Linksregierung zu verhindern versuchte, die vom BE und der CDU gestützt wird.

Auch deren Initiativen wollte er boykottieren. So weigerte er sich, ein Gesetz, das Homo-Paaren das Adoptionsrecht sicherte, zu unterschreiben. Er wurde erst mit einer neuen Abstimmung im Februar dazu gezwungen. Der 67-jährige Sousa hat zwar die konservative PSD einst mitgegründet, doch er hat sich schon im Wahlkampf deutlich von ihr und ihrer Austeritätspolitik abgesetzt. Deshalb kündigte er nun "Verfassungstreue" und mehr "soziale Gerechtigkeit" an. Die Konservativen hatten immer wieder Gesetze geschmiedet, die von seinem Vorgänger unterschrieben wurde, die das Verfassungsgericht später gekippt hat.

Er will "Präsident aller Portugiesen sein" und nach "so langen Jahren der Opfer" für "Versöhnung" sorgen: "Es ist Zeit, die Krise zu überwinden und die Wunden zu heilen." Der Linksregierung sicherte er, zum Entsetzen seiner PSD, "institutionelle Solidarität" zu. Denn die Konservativen hätten am Liebsten, dass er seine Macht nutzt, das Parlament auflöst und Neuwahlen ansetzt. Doch genau diese Konfrontation will er nicht. Er setzt zum Wohle und der Bevölkerung auf Kooperation mit dem sozialistischen Regierungschef Antonio Costa und seinen linksradikalen Unterstützern.

Gesten an sie ließ er nicht vermissen. So erklärte er, dass die "ökonomische Macht stets der politischen untergeordnet sein muss". Er erinnerte an die Rolle der Linken in der Nelkenrevolution 1974. Denn die "jungen Offiziere retteten die Freiheit" und ebneten den Weg zur Demokratie. Sie hätten erst ermöglicht, dass aus Kolonien "unabhängige Staaten" werden. Zu ihnen unterhält Portugal enge Wirtschaftsbeziehungen und sie sollen dem Land helfen, schneller die Krise zu überwinden.

Seine Wahl wurde nie als Ablehnung der Linksregierung gewertet, denn Sousa hatte schon im Wahlkampf angekündigt, dass er die Abkehr von der Austerität unterstützt. Er ist einverstanden, dass die Einschnitte, Lohn- und Rentenkürzungen von der Linksregierung zurückgenommen werden, Sozialleistungen ausgeweitet und Steuern für die einfache Bevölkerung gesenkt werden sollen.

Der "linke" Konservative will "unabhängig" bleiben. Er nahm im Wahlkampf weder Spenden von Unternehmen an und wollte keine Unterstützung seiner PSD. "Geben mir die Unternehmer Geld, wollen sie bei einem Flug nach China im Flieger sitzen und die Politiker erinnern mich an ihre Unterstützung, wenn sie ein Gesetz durchbringen wollen." Den Preis wollte er nicht bezahlen und "frei von Verpflichtungen" zu sein. Jetzt bleibt zu beweisen, ob er seinen Ansprüchen treu bleibt.