Immunität von Abgeordneten - noch zeitgemäß?

Außer Kontrolle

Bundestagspräsident Norbert Lammert sieht die Immunität der Abgeordneten eher als Belastung denn als Privileg. Doch sein Argument überzeugt nicht.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Immunität der Abgeordneten, also der Schutz der Abgeordneten vor Strafverfolgung, ist seit langem umstritten. Die in Artikel 46 Absatz 2 des Grundgesetzes geregelte Immunität ist, anders als die Indemnität, kein Schutz vor Strafe an sich, sie soll nur verhindern, dass die parlamentarische Arbeit z.B. durch Falschbeschuldigungen, gefolgt von Strafverfolgung, behindert wird. Es gibt dabei aber Ausnahmen - und die Immunität kann auch aufgehoben werden.

Bundestagspräsident Norbert Lammert kritisiert im Nachgang zum Fall Volker Beck die Immunität. Die Debatte um diesen Schutz vor Strafverfolgung ist keine neue Debatte, sie wird bereits seit Jahren geführt. Daher ist es erfreulich, dass sie nun auch vom Bundestagspräsidenten wieder auf die politische Agenda gesetzt wird. Doch die Argumente Norbert Lammerts überzeugen wenig.

So plädiert er für eine Neuregelung, wie sie bereits in Brandenburg praktiziert wird. Hier gibt es keine Immunität, vielmehr muss bei einem Verfahren gegen einen Abgeordneten, sollte dieses die parlamentarische Arbeit gefährden, diese Gefährdung per Landtagsbeschluss dargelegt werden. Erst dann wird die Strafverfolgung ausgesetzt.

Nun kann man diese Regelung gutheißen oder auch nicht - doch die Frage ist, inwiefern sie das, was Norbert Lammert insbesondere als Problematik der Immunität ansieht, verändert. Für ihn stellt ein Immunitätsverfahren etwas dar, was oftmals eher einem Vorverurteilungsverfahren ähnelt.

Doch würde sich dadurch etwas ändern, wenn ohne Immunität gegen einen Abgeordneten ermittelt wird? Die Öffentlichkeit sieht ein Ermittlungsverfahren schnell als Beweis für Schuld an, dabei ist es ihr egal, ob nun gegen jemanden ermittelt wird oder ob noch dazu seine Immunität aufgehoben wird. Sobald ein Vorwurf im Raum steht, bleibt - vereinfacht gesagt - etwas kleben. Eine Neuregelung der Immunität wird daran kaum etwas ändern.