Wer wird denn gleich in die Luft gehen

Neben der Spur

Virtual Reality kommt wie ein Hornberger Schießen auf uns zu. Irgendwie. Das ist aber noch lange kein Grund, gleich das Internet in die Luft zu jagen

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Gut, eigentlich hat er nicht das Internet gelöscht. Eigentlich nur ein NPM left-pad, das gerade einmal aus elf Zeilen Code bestand, auf dem aber dummerweise eine Menge an IT-Projekten aufgesetzt haben. Und das hat sie alle auf einmal gestoppt. Azer Koçulu war einfach sauer wegen Kik, einer Social Site, die ein gleichnamiges Programm nur - sagen wir - sehr ungern eben Kik nennen wollte. Und deshalb hat es gereicht, wenn ein wütender Developer ein wichtiges Mosaiksteinchen aus dem ganzen Kartenhaus, genannt Internet, herauszog. Schon lief die Hälfte nicht mehr.

Das macht hoffentlich nicht Schule, weil die Wut um sich greift und zu verzweifelten Löschversuchen führt. Wut ist ja inzwischen im bürgerlichen Lager angekommen, man weiß ja auch nicht mehr so recht, wer heute noch entspannt seinem Tagwerk nachgeht.

Und wütend könnten Entwickler sein, weil sie zum Beispiel sehen, wie die Datingplattform, auf der sie bisher noch keinen Stich landen konnten, ihnen nun ausgerechnet einen 80% oder 100% Match mit Bernie Sanders oder Donald Trump auftischt. Als ob die beiden Herren in irgendeiner Weise wilde Fantasien hervorrufen könnten, die mit Bettlaken zu tun haben.

Vielleicht macht es noch wütend, dass Pornhub jetzt dem aufkeimenden VR-Markt ein wenig auf die Sprünge helfen will, indem die Site ab sofort virtuellen Sex (ohne Sanders oder Trump, ... Hillary bewahre...) kredenzt und den ersten 10.000 Nutzern VR Googles anbieten will. Sozusagen, um VR wie VHS zu promoten. Pornographie treibt schon immer Medientechnik voran. Nicht erst seit der Erfindung der Fotografie.

Nun ist VR immer noch so etwas wie das digitale Hornberger Schießen, denn seit Jahren wird es großmundig angekündigt, ist seit 20 Jahren irgendwo immer wieder irgendwie auf den Markt gekommen und setzt sich trotzdem noch nicht durch. Vielleicht nie. Auch 2016 sind die Aussichten ein klares "Toll, aber". Wollen wir hoffen, dass das ewige Angekündigtsein niemanden wütend macht.

Da wird es die Pornoindustrie nicht leicht haben in den nächsten Jahren. Mit ein wenig Glück hält sie sich aber aus einer Entwicklung heraus, die bei Panasonic gerade schön zu sehen ist. Dort kann man Arbeiter am Fließband sehen, die mit Bionik Enhancements am Band stehen und dort mittels Roboterhilfe mehr Pakete stemmen können als ihre maschinenlosen Kollegen.

Nicht auszudenken, wenn wir dann aber bald virtuell Zeuge einer Kissenschlacht von bionisch verstärkten Präsidentschaftskandidaten werden würden. Solche Hochleistungsrammler wollen wir nicht einmal mit Datenbrille sehen.

Sonst lösche ich eigenhändig das Internet. Oder so.