Hannover Messe: Obama kommt und will über TTIP reden

Der scheidende US-Präsident sucht nach der Wiederaufnahme der Kontakte zu Kuba den Durchbruch beim umstrittenen TTIP-Abkommen. Die Hannover Messe bietet ihm die Plattform für seine Gespräche, die USA sind Partnerland.

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Barack Obama

(Bild: dpa, Wang Zhao)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ralf E. Krüger
  • dpa

Der mächtigste Mann der Welt bei der weltgrößten Industrieschau: Mitte April steht der erste Besuch eines US-Präsidenten bei der Hannover Messe (24. bis 29. April) an. Die Planungen laufen auf Hochtouren – nicht erst seit den Anschlägen von Brüssel gelten schärfste Sicherheitsvorkehrungen. Denn Barack Obamas wohl letzter Deutschland-Besuch als US-Präsident dürfte die Industrieschau Hannover Messe mit ihrem diesjährigen Partnerland USA auch zur politischen Drehscheibe machen. Es geht Obama auch um eins der letzten großen Projekte seiner Amtszeit, bei dem er einen Durchbruch erhofft: das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.

"Er will die Verhandlungen über das Abkommen zu Ende bringen solange er noch im Amt ist", betonte US-Botschafter John B. Emerson im Vorfeld. Damit wird Hannover nicht nur zur Weltbühne für Industrie-Trends, sondern auch zur politischen Plattform. Neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erwartet. Zehntausende TTIP-Gegner haben sich ebenfalls angesagt – ihnen wird ein Großaufgebot an Sicherheitskräften gegenüberstehen. "Der Polizeidirektion Hannover liegen aktuell sechs noch nicht bestätigte Versammlungsanzeigen vor", so die zuständige Versammlungsbehörde.

TTIP ist umstritten. Kritiker fürchten etwa eine Aufweichung des Verbraucherrechts zugunsten von Geschäftschancen. Mit dem geplanten Abkommen Transatlantic Trade and Investment Partnership wollen die EU und die USA die weltgrößte Freihandelszone mit 800 Millionen Menschen schaffen. Mit dem Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll auf beiden Seiten des Atlantiks mehr Wachstum entstehen. Verbraucher- und Umweltschützer fürchten dagegen das Absenken europäischer Standards. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac plant Demonstrationen in mehreren Städten – die zentrale mit bis zu 30.000 erwarteten Teilnehmern ist für den 23. April in Hannover geplant. Eine zweite Großdemo unter dem Motto "Yes WE can – STOPP TTIP" soll immerhin noch rund 5000 Teilnehmer haben, teilte die Polizei mit. Die vier restlichen Kundgebungen sind deutlich kleiner.

Auch die Tatsache, dass Niedersachsen zugleich Volkswagen-Land ist gibt Anlass zu Spekulationen. Für den Automobilbauer aus Wolfsburg geht es in den USA wegen des Skandals um manipulierte Abgas-Software gerade um Milliarden. Offiziell bestätigt es niemand, inoffiziell deuten Politiker jedoch an, dass es am Rande des Treffens durchaus zu einem Treffen der wichtigsten Protagonisten kommen könnte.

Anfang März hat sich ein Voraustrupp der Sicherheitsbehörden das Kongresszentrum und das Messegelände angeschaut. Die Entscheidungen werden nun in Abstimmung zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Weißen Haus getroffen. Beim traditionellen Messe-Rundgang gehen die Organisatoren "von gewissen Beschränkungen" aus: Die jeweiligen Hallen könnten vorübergehend für die Messebesucher gesperrt werden.

Am Airport Hannover wird es rund um die Anlage für Segel-, Motor- oder Drohnenflieger kurzzeitig eine "Beschränkungszone" geben. "Der Flughafen Hannover bleibt aber uneingeschränkt für den Messeverkehr und andere Verkehrsflieger anfliegbar", sagte Flughafenchef Raoul Hille. Nur beim Anflug von Obamas Präsidentenmaschine Air Force One dürfte es vorübergehend zum Erliegen des normalen Flugverkehrs kommen. Der Jet könnte auf einer der drei Parallelbahnen des Airports geparkt werden.

Die fünftägige Hannover Messe mit ihren 5000 Ausstellern aus 70 Ländern hat sich mit dem Leitthema "Integrated Industry – Discover Solutions" erneut der vernetzten Industrie verschrieben. Dabei geht es etwa um vorausschauende Wartung, bei der Maschinen selber auf Anomalitäten hinweisen, oder die industrielle Anwendung von Robotern. Das Partnerland USA gilt bei der digitalen Vernetzung von Produktionsanlagen und Energiesystemen als einer der Trendsetter. (sea)