Urheberrecht auf Steuercodes? Konkurrent GDC verklagt Dolby

GDC, Anbieter von Hardware und Software für Digitalkinos, hat Dolby verklagt. Es geht um nicht nur um Steuercodes, sondern auch um Monopole und die 3D-Soundformate Dolby Atmos und DTS:X.

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Urheberrecht auf Steuercodes? Dolby kassiert Klage von Konkurrenten
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Jurran
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Kann man das Urheberrecht auf einen vierstelligen hexadezimalen Steuercode beanspruchen und auf dieser Grundlage einem Konkurrenten deren Nutzung verbieten? GDC Technology verneint dies – und hat zur Klärung dieser Frage nun das kalifornische Bezirksgericht angerufen. Beklagter ist der weltweit bekannte Surround-Spezialist Dolby. Doch der Fall dreht sich – zumindest auf den ersten Blick – um Digitalkino-Technik.

Um zu verstehen, worum es geht, reicht ein kurzer Blick auf die laut Kläger vier Basiskomponenten jedes Digitalkinos. So gibt es einen Medienserver, auf dem die Inhalte lagern und der diese auf Befehl abspielt, einen Soundprozessor, der die Audiosignale von besagtem Medienserver dekodiert, einen Digitalprojektor und eine Steuersoftware. Letztere hat die Kontrolle über die einzelnen Komponenten und wird in der Branche "Theater Management System" genannt, kurz TMS.

Um mit dem Medienserver zu kommunizieren, sendet das TMS Mitteilungen und Befehle in Form von vierstelligen hexadezimalen (entsprechend 2 Bytes) Steuercodes aus. Eben diese Steuercodes sind Gegenstand der Klage (als PDF abrufbar).

GDC vertreibt Medienserver für Digitalkinos samt TMS-Software, Dolby Medienserver, Soundprozessoren und TMS-Software. Die beiden Firmen sind aber nicht alleine auf dem Markt, auch andere Firmen bieten Komponenten an – teils einzeln, teilweise in Kombination.

Dolby hat mit "Dolby Cinema" ein eigens Gütesiegel für Digitalkinos eingeführt.

(Bild: Nico Jurran)

Ein wichtiger Punkt ist nun, dass Kinobetreiber in der Lage sind, Geräte verschiedener Hersteller miteinander zu kombinieren, sodass die TMS-Software von GDC beispielsweise auch einen Medienserver von Dolby steuern kann oder umgekehrt. Folglich ist es zwingend nötig, dass die beteiligten Firmen die Steuercodes untereinander austauschen – was laut GDC auch jahrelang kein Problem darstellte. Noch 2011 hätte Dolby auf eine Anfrage mit dem Satz geantwortet: "Wir sind froh, wenn unsere Server eine Komponente so vieler [Digitalkino-]Lösungen wie möglich werden."

Das Verhältnis habe sich jedoch schlagartig verschlechtert, als Dolby im Oktober 2014 den Medienserver-Hersteller Doremi aufkaufte und fortan dessen Produkte unter eigenem Namen anbot. Von da an hätte Dolby seine Steuercodes nicht mehr an GDC weitergegeben, wohl aber an andere Marktteilnehmer.

Nun lassen sich die 2-Byte-Codes recht leicht durch Sniffing ermitteln, was auch GDC in der Klageschrift aufführt. Doch Dolby soll noch weiter gegangen sein und gegenüber bestehenden und potenziellen GDC-Kunden behauptet haben, GDC verletze durch die Nutzung der Steuercodes Dolbys Urheberrechte. In einem Schreiben vom 8. April 2016 habe Dolby dann auch gegenüber GDC behauptet, dass es das geistige Eigentum und das Urheberrecht an den Steuercodes besitze und GDC aufgefordert, nicht mehr gegenüber seinen Kunden zu behaupten, die Codes benutzen zu dürfen.

Daraufhin folgte die jetzige Klage. GDC möchte darin feststellen lassen, dass Dolby keine Ansprüche an den Codes geltend machen kann. Sollte das Gericht tatsächlich ein Urheberrecht bejahen, so wird hilfsweise die Feststellung beantragt, dass die Nutzung der Codes unter "Fair use" fällt. Weiterhin möchte GDC das Gericht feststellen lassen, dass es durch Dolbys Handlungen einen Schaden erlitten hat.

Der Kläger spart auch in der Klageschrift nicht damit, mutmaßliche Begründungen für Dolbys Verhalten aufzuführen – teilweise mit recht saftigen Formulierungen.

So führt das auf den Britischen Jungferninseln registrierte Unternehmen mit Hauptsitz in Hongkong auf, dass es Dolbys einziger ernstzunehmender Konkurrent sei. Tatsächlich sollen GDC-Server für 40.000 Säle weltweit installiert sein, davon 13.000 in den USA. GDC beschreibt sich selbst als den weltweit führenden Anbieter von Digitalkino-Produkten, mit der größten installierten Basis an digitalen Medienservern im asiatisch-pazifischen Raum und der größten weltweit.

"Bedauerlicherweise kam Dolby zum dem Schluss, dass es auf Grundlage seiner Technik, seines Kundendienstes oder seines Preises nicht mit GDC konkurrieren konnte", lautet GDCs Fazit in der Klageschrift.

Für Kinobetreiber bietet Dolby den Soundprozessor CP850 für die Dekodierung von Dolby-Atmos-Soundtracks an.

(Bild: Dolby)

Doch es geht Dolby nach Darstellung von GDC noch um ein anderes Spielfeld: die miteinander konkurrierenden 3D-Sound-Formate fürs Kino. So führte Dolby 2012 das objektbasierte Surround-System "Dolby Atmos" ein, das unter anderem mit Höhenkanälen Effekte wie Regen oder Hubschrauber-Überflüge akustisch simulieren kann.

Im April 2015 präsentierte Dolby-Konkurrent DTS jedoch sein ebenfalls objektbasiertes 3D-Soundsystem "DTS:X", das auch Höhenkanäle bietet. GDC wurde weltweiter Lizenznehmer für DTS:X und vertreibt das System in Asien sogar exklusiv. In nur sieben Monaten rüstete GDC nach eigenen Angaben 100 Säle mit DTS:X aus – und kündigte jüngst an, in den USA und später auch in Europa mit dem System Gas geben zu wollen.

GDC führt in der Klageschrift aus, dass DTS:X direkt von seinen Medienservern dekodiert werden könne, während Kinobetreiber für die Nutzung von Dolby Atmos einen "teueren externen Soundprozessor" benötigen. Um seine Investitionen in Atmos zu schützen, sein "unbeholfenes und teures" Setup zu verteidigen und Kinobetreiber zu "zwingen", ein Soundsystem von Dolby statt von DTS zu benutzen, habe sich Dolby des Tricks mit den Steuercodes bedient.

Dolby hat sich zu der Klage bislang noch nicht geäußert. (nij)