Sachsen: Vorbild beim Thema häusliche Gewalt gegen Männer

Außer Kontrolle

Nicht nur die Landesfachstelle Männerarbeit, auch die geplante Einrichtung von Schutzhäusern für Männer sollte von allen Bundesländern aufgegriffen werden.

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Häusliche Gewalt wird in den Medien oft eindimensional dargestellt, so dass der Eindruck entsteht, sie würde stets auch einem ganz bestimmten Schema folgen. Dies hat für Betroffene ungünstige Konsequenzen, da diese Eindimensionalität auch zur einseitigen Betrachtung von angezeigten Fällen bzw. Hilferufen führen kann. Gerade auch die filmische Umsetzung des Themas folgt oft dem Schema des weiblichen Racheengels oder aber der weiblichen Flüchtenden. Der Mann als Opfer häuslicher Gewalt ist filmisch kaum anzutreffen.

Dies ist unter anderem auch den Stereotypen geschuldet, die noch immer die Diskussion um häusliche Gewalt beherrschen – auf der einen Seite der prügelnde und psychische Gewalt anwendende Mann, auf der anderen Seite die gequälte, körperlich unterlegene und hilflose Frau. Diese Stereotypisierung der Täter-Opfer-Konstellation bei häuslicher Gewalt ist aber der Diskussion nicht förderlich, sie verengt vielmehr die Sicht.

Es ist dabei irrelevant, wie sich die Verteilung der Opfer in Bezug auf Geschlechter darstellt, auch weil z.B. die Anzahl der gleichgeschlechtlichen Beziehungen zunimmt, in der diese klassische Konstellation gar nicht vorkommen kann. Hinzu kommt, dass oft körperliche Überlegenheit mit Dominanz gleichgesetzt wird, so dass die Überlegung, dass eine körperlich unterlegene Person der Täter bei häuslicher Gewalt sein könnte, nur selten in Betracht gezogen wird.

Da diese Stereotypisierung auch den Graben zwischen den Geschlechtern eher weiter verbreitert und sowohl jenen, die hinter jeder Frau ein berechnendes Miststück als auch denen, die hinter jedem Mann einen schlagenden Vergewaltiger vermuten bzw. sehen, Auftrieb gibt, ist es wichtig, diese Denkrahmen zu durchbrechen und häusliche Gewalt per se zu verurteilen, sie jedoch nicht als Vehikel für weitere "x gegen y"-Auseinandersetzungen zu nutzen. Es ist vielmehr wichtig, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und allen Beteiligten zu helfen.

Im Freistaat Sachsen hat die Gleichstellungsbeauftragte Petra Köpping dies mit folgenden Worten umrissen:

"Eine moderne Gleichstellungspolitik kann heute nicht mehr nur Frauensache sein. Sie muss gleichberechtigt auch das vermeintlich starke Geschlecht in den Blick nehmen."

In Sachsen wird die Landesfachstelle Männerarbeit bei der Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V. vom Freistaat Sachsen gefördert. Der Leiter der Landesfachstelle, Frank Scheinert, setzt sich derzeit für die Einrichtung von Schutzhäusern für Männer ein, die dem Konzept der Frauenhäuser folgen. Für männliche Opfer häuslicher Gewalt sowie deren Kindern, so vorhanden, sollen diese Schutzhäuser errichtet werden (zunächst sind drei in größeren Städten geplant). Ähnliche Projekte sind zwar bereits im restlichen Deutschland anzutreffen, jedoch eher selten und medial unbeachtet.

Für Männer, gleichgültig ob in einer hetero- oder homosexuellen Beziehung, ist das Eingestehen, Opfer häuslicher Gewalt zu sein, oft schwer, da ihnen mit eher mit Spott oder Unglauben begegnet wird denn mit Mitgefühl. Das Opfer wird dann eher als Weichei, als halber Hahn, als "kein richtiger Mann" angesehen, bei homosexuellen Beziehungen kommt oft noch eine Abneigung der Beziehung an sich von Außen hinzu.

"Dann verlass ihn/sie doch einfach." bzw. "Dann zeig ihm/ihr mal, wo der Hammer hängt, dann ist Ruhe", sind typische Erwiderungen auf ein Ansprechen der Problematik, welche jedoch nicht hilfreich sind, da sie entweder die bereits von Gewalt geprägte Beziehung mit noch mehr Gewalt anreichern wollen oder aber den Aspekt, dass jemand trotz allem den anderen liebt, ausklammern.

Die Landesfachstelle will nicht nur die Schutzhäuser etablieren, sie kümmert sich auch um Themen wie Männergesundheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die bessere Vernetzung von Männerprojekten. Es ist sinnvoll, hier z.T. eine Geschlechtertrennung durchzuführen da beispielsweise bei häuslicher Gewalt die Opfer oft traumatisiert sind und erst wieder lernen müssen, dass der Täter, gleich welchen Geschlechtes, nicht das Geschlecht per se darstellt, sondern vielmehr nur eine Person ist, die zufällig diesem Geschlecht angehört.

Abgesehen davon ist jedoch auch ein Dialog zwischen den verschiedenen Gruppen wünschenswert, da so dem Strom der einseitigen Schuldzuweisungen, die oftmals auch in Geschlechterhass gipfeln, das Wasser abgegraben werden könnte.