Der zweite Fuß in der Tür

Eine Kooperation der Google-Tochter DeepMind auf dem Gesundheitssektor jagt die nächste. Nachdem sich die britische Softwareschmiede bereits mit Nierenpatienten beschäftigt, strebt sie nun die Diagnose von Augenkrankheiten an.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Es hat nicht lange gedauert, bis Googles Tochterfirma DeepMind ihren nächsten Vorstoß auf dem Gesundheitssektor unternommen hat. Erst Ende vorigen Jahres hatte die auf künstliche Intelligenz spezialisierte Londoner Softwareschmide eine Kooperation mit dem Royal Free NHS Trust gestartet (nachzulesen im aktuellen Juliheft von Technology Review). Doch bei der noch anhaltenden Zusammenarbeit mit drei Krankenhäusern aus dem Großraum London soll es laut Mustafa Suleyman, Mitbegründer von DeepMind, hauptsächlich um die App Streams für Nierenbefunde gehen.

Bei dem neuen Deal mit dem ebenfalls in der britischen Hauptstadt ansässigen Moorfields Eye Hospital handelt es sich dagegen, wie Suleymann der Zeitung The Guardian sagte, um ein erstes Engagement auf dem Feld der medizinischen Forschung: DeepMind hat damit begonnen, neuronale Netzwerke zu trainieren, die anschließend Anzeichen von Augenkrankheiten auf medizinischem Bildmaterial erkennen können sollen. Dafür erhalten die KI-Spezialisten laut New Scientist vom Moorfields-Krankenhaus Zugriff auf rund eine Million anonymisierter Netzhautscans, mit denen die Datenspezialisten ihre Software füttern wollen. Das Ziel des Projekts sind zwei der häufigsten Augenkrankheiten – die altersbedingte Makuladegeneration und die diabetische Retinopathie.

Gelingt es der DeepMind-Software dank des Trainings, künftig bereits feinste Anzeichen für die beiden Augenleiden zu erkennen, bei deren Diagnose selbst erfahrene Mediziner zu dem Zeitpunkt noch Schwierigkeiten hätten, wäre diese Leistung unbestritten. Trotzdem drängt sich die Frage auf, die auch britische Kritiker bereits aufwerfen: Dieses Maschinenlernen könnte auch ohne DeepMind funktionieren. Denn man sollte nicht vergessen, dass hier weder die Öffentlichkeit noch ihre Institutionen für die kostenfrei zur Verfügung gestellten Datenmengen eine Gegenleistung erhalten.

Davon, dass Ärzten und Krankenhäusern im Gegenzug künftig ein gebührenfreies Diagnoseinstrument zur Verfügung gestellt wird, ist keineswegs die Rede. So funktioniert die Wirtschaft auch nicht. Dass es bei mehr als 100 Millionen Menschen, die weltweit von den Leiden betroffen sind, einen Markt gibt, ist zudem offensichtlich.

Und damit wären wir auch schon bei den Ambitionen, auf denen der Forschungseinsatz von DeepMind gründen könnte. Hier wird keine Grundlagenforschung betrieben. Vielmehr stehen schon mögliche Anwendungen für eine derart geschulte Software im Raum: Neben Medizinern könnten natürlich Optiker interessiert sein. Der Internetriese wird schon einen Abnehmer für seine Produkte finden, mit denen er sich zweifelsfrei einen neuen Markt erschließt. So wird auch dies wohl letztlich nur eines unter vielen Gesundheitsprojekten sein, die wir noch von Google erwarten dürfen. (inwu)