Nach dem DAO-Hack: Ethereum glückt der harte Fork

Mit einer Änderung des Protokolls wollten die Entwickler des Kryptogelds Ethereum den Hack gegen das Blockchain-Projekt DAO wieder ausbügeln. Der durchaus riskante Umstieg auf die neuen Regeln ist offenbar geglückt.

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Nach dem DAO-Hack: Ethereum glückt der harte Fork

(Bild: daohub.org)

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Der von den Entwickler der Kryptowährung Ethereum vorgeschlagene Hard Fork ist offenbar erfolgreich verlaufen. Zur Stunde wurden über 800 neue Blöcke in den Blockchain-Strang eingefügt, der nach den neuen Regeln erzeugt wurde. Die Chain nach den alten Regeln umfasst hingegen nur 60 neue Blöcke. Der Fork trat mit Erreichen des Blocks 1.920.000 in Kraft. Der Preise für Ether, die Geldeinheiten von Ethereum, stieg nach dem erfolgreichen Verlauf um rund zehn Prozent auf rund 11,30 Euro.

Die Änderung im Protokoll der Kryptowährung soll den Schaden beseitigen, der aus einem Hack gegen das millionenschwere Blockchain-Projekt DAO entstanden ist. Die DAO (dezentrale autonome Organisation) sollte eine neue Art von Investmentgesellschaft werden, die ausschließlich in Form von programmierten Verträgen (Smart Contracts) auf der Ethereum-Blockchain existiert. In einem Crowdfunding gaben Investoren über 11 Millionen Ether für stimmberechtigte Anteile an der DAO. Unbekannte nutzten aber eine Lücke im Code, um Kapital daraus in eine Tochtergesellschaft der DAO abzuziehen, worauf wiederum Entwickler das noch verbliebene Kapital unter Ausnutzung der gleichen Lücke aus der DAO in Sicherheit brachten.

Die neuen Regeln bewegen das gesamte Kapital aus der havarierten DAO auf eine neue Adresse. Von dort können Inhaber ihre Anteile gegen Ether eintauschen, im Verhältnis von 1 Ether zu 100 Anteilen. Das wird offenbar auch schon fleißig getan, wie auf der Website Slacknation zu verfolgen ist. Zur Stunde haben Nutzer bereits über 3,3 Millionen Ether aus dem Topf geholt.

Bei einem Hard Fork wird das Protokoll des Systems tiefgreifend geändert. Nutzer und in erster Linie Miner müssen auf neue Clientversionen umsteigen, um die Änderung aktiv werden zu lassen. Wenn die Mehrheit folgt, landen alle Nicht-Umsteiger in einer vom Hauptstrang abgespaltenen Blockchain und sind damit erstmal vom Rest des Ökosystems abgeschnitten. Ein Soft Fork wäre hingegen auch mit älteren Clientversionen verträglich gewesen – dieser Vorschlag musste im Fall des DAO-Problems aber wegen einer Sicherheitslücke zurückgezogen werden.

Der DAO-Mitentwickler Christoph Jentzsch feierte den Fork als "Errungenschaft“. Unabhängig davon, ob es nun eine gute oder schlechte Lösung gewesen sei, beschwor er die gemeinsame Leistung der Ethereum-Community, die in kurzer Zeit und trotz aller Kontroversen schließlich die Aufgabe bewältigt habe. Die Ethereum-Regel, dass nur der geschriebene Vertragscode das vertraglich bindende Element ist, stehe für ihn nicht in Frage. „Wir haben nur gerade unseren obersten Gerichtshof gefunden – die Community!“, sagte Jentzsch. Der Gruppenkonsens steht also über den Protokoll-Regeln.

Kritische Stimmen sehen aber nach wie vor das Grundproblem hinter dem „Code is Law“-Dogma von Ethereum: Wenn der Code eines Vertrags das bindende Element sein soll, dann ist eine Ausnutzung von Lücken darin per se kein Verbrechen, so das Argument. Darauf mit einer umfassenden Änderung zu reagieren, die unliebsamen Schaden wieder ausputzt, konterkariere den Anspruch, nur Code und die Unveränderlichkeit der Blockchain gelten zu lassen.

Spannend bleibt nun vor allem die Frage, was mit der zweiten Chain passieren wird. Unter dem Namen Ethereum Classic hat sich hier Widerstand gegen den Fork positioniert. Man will die Unveränderbarkeit der Blockchain beibehalten und die Änderung nicht mittragen. Die Hashleistung des Netzwerks ist deutlich kleiner, es gibt bislang nur einen Miningpool und das dezentrale Handelstool Bitsquare, mit dem sich Classic-Coins tauschen lassen. Ob sich dieser Seitenarm langfristig halten kann, wird sich zeigen. (axk)