Das Innere von Atomen "mit der Stimmgabel gesehen"

Experimentalphysiker der Universität Augsburg ertasten die Atomstruktur.

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Von
  • Frank Fremerei

Dr. Franz Gießibl, Experimentalphysiker an der Uni Augsburg, gewinnt mit einem umgebauten Rasterkraftmikroskop Einblick in die innere Struktur von Siliziumatomen. Bisher waren auf derartigen Aufnahmen die Atome lediglich als Gesamtheit in Form von Kugeln zu erkennen. Die Ansicht in der Abbildung ist insgesamt nur etwa einen Nanometer breit und besteht trotzdem aus ein paar Tausend Bildpunkten. Zum Vergleich: Die kleinste Struktur, die derzeit in den Werken der Chiphersteller produziert wird, ist 130 Nanometer breit.

Im Gespräch mit c't erklärt Prof. Dr. Jochen Mannhart die von Gießibl angewandte Methode: Ein Rasterkraftmikroskop tastet die Oberfläche des Untersuchungsgegenstandes ab. Das kann entweder durch Anpressen der Mikroskopspitze an die Probe geschehen, also mit Berührung, oder – wie in diesem Fall – berührungsfrei in einigen Angström Entfernung (ein Angström = 10-10m).

Die berührungsfreie Methode funktioniert durch Wechselwirkung zwischen den Atomen der Probe und den Atomen der Messspitze. Die Messspitze ist – einer Schallplattennadel vergleichbar – auf einer Feder montiert. Gießibl hat nun eine besonders gut geeignetes Material für die Feder gefunden: Ein Stimmgabelquarz aus Quarz-Uhren, den es günstig im Elektronikfachhandel zu kaufen gibt. Die Spitze besteht aus Wolfram, das Ende der Spitze aus Siliziumatomen. Diese üben eine messbare elektrochemische Anziehungskraft (Affinität) auf das untersuchte Material – ebenfalls Silizium – aus.

Den Stimmgabelquarz wird mit 20 kHz bei einer Amplitude von ebenfalls wenigen Angström angeregt. Die Wechselwirkung der Siliziumatome moduliert diese Schwingung. Die Forscher messen den Grad der Modulation und ordnen jedem Messpunkt eine Farbwert zu. So kommt das Bild zu Stande. Um diese geringen Abweichungen überhaupt messen zu können, wurde die Apparatur auf einen 30 Tonnen schweren Betonklotz montiert – und die außerhalb der Gebäudes vorbeidonnernde Straßenbahn bekam eine Gummiunterlage. Ansonsten würden die Vibrationen das Messen unmöglich machen.

Siehe dazu auch den Beitrag in Telepolis: Blick ins Innere der Atome. (frf)