Bundesgerichtshof zeigt keine Gnade für eBay-Betrüger

Wer bei Online-Auktionen manipuliert und versucht, ehrliche Teilnehmer mit Tricks zu schikanieren, findet vor dem höchsten deutschen Zivilgericht kein Verständnis, wie zwei wegweisende Entscheidungen zeigen.

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Ebay

(Bild: dpa, Maurizio Gambarini)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Tim Gerber
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Systematische "Abbruchjäger" auf eBay, die sich nur an Online-Auktionen beteiligen, um anschließend auf Schadenersatz klagen zu können, verhalten sich rechtsmissbräuchlich. Und wer durch Eigengebote Auktionen manipuliert, muss mit Schadensersatzklagen rechnen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am heutigen Mittwoch in zwei richtungsweisenden Urteilen klargestellt.

Im ersten, sogenannten Abbruchjäger-Fall hat der BGH das vorausgegangene Urteil des Landgerichts Görlitz im Ergebnis bestätigt. "Abbruchjäger" schlagen Profit daraus, dass Verkäufer auf Ebay eine Auktion nur im Ausnahmefall abbrechen dürfen. Sie beteiligen sich ohne Interesse an der Ware mit kleinem Einsatz an möglichst vielen Auktionen, um den Anbieter bei einem unzulässigen Rückzieher zu verklagen.

Im vorliegenden Fall ging es um ein Motorrad der Marke Yamaha, für das 1234,57 Euro geboten wurden. Bereits am ersten Tag hatte der Verkäufer das Angebot abgebrochen, weil er versehentlich falsche Angaben gemacht hatte, und es kurz darauf mit korrigierten Angaben wieder eingestellt. Zum Zeitpunkt des Auktionsabbruchs war das Gebot des Abbruchjägers das einzige, sodass nur der Startpreis von einem Euro fällig gewesen wäre.

Der Bieter wartete ein halbes Jahr und versuchte dann, von dem Verkäufer knapp 5000 Euro Schadensersatz zu bekommen. So viel sei das Motorrad wert gewesen, das er für einen Euro ersteigert habe. Das Amtsgericht Bautzen gab ihm teilweise Recht, das Landgericht Görlitz lehnte die Klage jedoch vollständig ab.

Das Gericht hatte festgestellt, dass der Bieter allein im Sommer 2011 unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay Gebote in Höhe von 215.000 Euro abgegeben habe. Dabei habe er – jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe – vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem sei wohl in der Annahme, der Verkäufer werde das Motorrad zwischenzeitlich in der zweiten Auktion loswerden, mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet worden.

Der Bundesgerichtshof wies die Revision gegen das Urteil des Landgerichts bereits aus Formgründen ab. Denn geklagt hatte die Firma seines Vaters, hinter deren eBay-Konto sich der Bieter "versteckt" habe. Die Firma sei aber gar nicht klagebefugt, urteilten die Karlsruher Richter. Gleichwohl betonten sie ausdrücklich, dass sie auch an der Richtigkeit des landgerichtlichen Urteils inhaltlich keine Zweifel hatten.

Im zweiten Fall ging es um den Schadensersatz für einen Bieter, der aufgrund von Preismanipulationen mithilfe eines Zweitkontos des Anbieters bei eBay nicht zum Zuge gekommen war. Hier hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben, die einen Schadensersatzanspruch des verhinderten Käufers ausgeschlossen hatte.

Die Richter des zuständigen VIII. Senats betrachten die Eigengebote des Verkäufers als unwirksam. Und da außer einem Startgebot eines Unbekannten von einem Euro und dem höheren des Käufers keine weiteren Gebote vorlagen, hatte der Kläger des Verfahrens den angebotenen PKW Golf VI für 1,50 Euro ersteigert. Da der eBay-Betrüger das Auto nicht mehr liefern kann, weil er es bereits verkauft hat, muss er dem Käufer nun den Schaden in Höhe von 16.500 Euro erstatten.

Es begründe laut BGH auch keine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages, dass dieser damit im Ergebnis zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Betrag zustande kam, da es – wie der Senat in der Vergangenheit bereits entschieden habe – gerade den Reiz einer Internetauktion ausmache, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" erwerben zu können. Dass der Käufer hier nach dem Auktionsergebnis die Lieferung des Fahrzeugs für einen eher symbolischen Kaufpreis von 1,50 Euro hat beanspruchen können, beruht allein auf dem erfolglosen Versuch des Verkäufers, den Auktionsverlauf in unlauterer Weise zu seinen Gunsten zu manipulieren.

Mit seinen heutigen Entscheidungen trägt der Bundesgerichtshof wesentlich zur Stärkung redlicher Auktionsteilnehmer bei. Wer bei Auktionen manipuliert oder nur auf eventuelle Fehler anderer und deren Einknicken vor eventuellen Gerichtsverfahren baut, findet in Karslruhe keine Gegenliebe, und die unteren Gerichte dürften sich im Interesse eines sicheren Rechtsverkehrs an den Grundgedanken des BGH orientieren.

Wer bei eBay Gebote manipuliert, geht künftig ein hohes Risiko ein, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Und Opfer von "Abbruchjägern" können nun deutlich gelassener reagieren und es im Zweifel auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen. Dank der eindeutigen Haltung der Karlsruher Richter in diesem Verfahren dürften diese Zeitgenossen es sich nun jedoch zweimal überlegen, ob sie das Risiko tatsächlich eingehen. (tig)