Der Abgas-Skandal ist für VW längst nicht ausgestanden

Über eine Woche hat Volkswagens Streit mit zwei Zulieferern vom Abgas-Skandal abgelenkt. Nun steht in den USA die nächste Gerichtsanhörung an. Und im Vergleich zum Streit mir den Lieferanten geht es hier um richtig viel Geld.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 75 Kommentare lesen
Der Abgas-Skandal ist für VW längst nicht ausgestanden

(Bild: dpa)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hannes Breustedt
  • dpa

Volkswagens brisanter Konflikt mit zwei Zulieferern dominiert die Schlagzeilen, doch der Abgas-Skandal birgt weitere Milliarden-Risiken. Im US-Rechtsstreit mit geschädigten Dieselbesitzern, Autohändlern und Behörden hat der Konzern bereits den teuersten Vergleich auf den Weg gebracht, den es in der Autobranche je gegeben hat. Das wird jedoch nicht reichen, um die Affäre beizulegen. Es drohen weitere hohe Kosten.

Im US-Mammut-Rechtsstreit ist es mittlerweile ein monatliches Ritual: An diesem Donnerstag (17 Uhr MESZ) lädt der zuständige Richter Charles Breyer, bei dem Hunderte Zivilklagen gegen VW gebündelt sind, die Parteien zur Anhörung in San Francisco. Danach könnte möglicherweise etwas klarer werden, was auf VW in den USA noch an offenen Abgas-Rechnungen zukommt.

VW hat zwar für den überwiegenden Teil der vom Skandal betroffenen Fahrzeuge einen milliardenschweren Vergleich mit den Klägern aushandeln können. Über rund 85.000 Autos wird aber weiter gestritten. Diese Fahrzeuge, die größere, von der Tochter Audi entwickelte 3,0-Liter-Motoren haben, waren erst später ins Visier der Aufseher geraten.

Bislang konnte der Konzern den Behörden keine akzeptable Lösung zur Umrüstung von Modellen wie dem VW Touareg, Porsche Cayenne oder Audi A8 präsentieren. Erst im Juli hatte Kalifornien einen Rückrufplan abgelehnt. Zuletzt zeigte sich VW-Anwalt Robert Giuffra zwar zuversichtlich und sagte, es werde bestimmt eine baldige Lösung gefunden. Richter Breyer machte jedoch deutlich, dass seine Geduld begrenzt ist. Er fordert nun detaillierte Vorschläge.

Ein Vergleich dürfte zwar wegen der niedrigeren Zahl betroffener Autos erheblich geringer ausfallen als bei den etwa 480.000 Wagen mit kleineren 2,0-Liter-Motoren. Hier zahlt VW bis zu 15,3 Milliarden US-Dollar (13,6 Milliarden Euro), um Rechtsstreits beizulegen. In der Summe sind neben Schadenersatz und Kosten für Umrüstung oder Rückkauf illegaler Wagen fast 5 Milliarden Dollar enthalten, die VW in US-Umweltfonds einzahlen muss. Auch wenn VW bei den 3,0-Liter-Dieseln glimpflicher davon kommen dürfte – günstig wird es wohl nicht werden.

Bislang hat VW 16,2 Milliarden Euro an Rückstellungen gebildet. Fest steht bereits: Im Gegensatz zu den Kosten für den Streit mit den Zulieferfirmen der Prevent-Gruppe, den Analysten auf rund 100 Millionen Euro schätzen, geht es in den USA um richtig viel Geld.

Es gibt etliche weitere juristische Baustellen. Direkt nachdem die vorläufige Einigung auf den Milliarden-Vergleich erzielt worden war, legten US-Bundesstaaten nach. Maryland, Massachusetts, New York und Pennsylvania klagen wegen Verstößen gegen Umweltgesetze. Der Bundesstaat Washington verhängte bereits eine Strafe von 176 Millionen Dollar. VW strebt auch hier einen Vergleich an, spätestens am 1. November sollen die Verhandlungen beginnen. Weitere US-Staaten könnten noch Ansprüche anmelden, dann würde es noch teurer.

Zudem ermittelt die US-Justiz immer noch wegen möglicher krimineller Vergehen, sodass nach wie vor das Damoklesschwert strafrechtlicher Konsequenzen über dem Konzern hängt. Darüber hinaus ist der 15-Milliarden-Vergleich auch noch nicht in trockenen Tüchern. Bis zum 16. September haben Kunden Zeit zu entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. Richter Breyer wird sich bei einer Anhörung am 18. Oktober noch einmal genau über alle Entwicklungen informieren lassen und dann eine endgültige Entscheidung treffen, ob er dem Vergleich zustimmt.

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
)

(anw)