Bundesländer bauen Ermittlungsbehörden gegen Cybercrime aus

Waffenhandel, Bankbetrug, Hackerangriffe – zur Bekämpfung der steigenden Internetkriminalität rüsten die Bundesländer beim Personal auf. Allerdings haben die Behörden Schwierigkeiten, genügend Internet-Ermittler und IT-Spezialisten zu finden.

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Blaulicht, Polizei
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Im Kampf gegen Cybercrime und terroristische Aktivitäten im Netz bauen einige Bundesländer ihre Ermittlungsbehörden zum Teil erheblich aus. Sie planen neue Spezialabteilungen und stellen Staatsanwälte, Ermittler und IT-Experten ein, wie aus einer dpa-Umfrage und weiteren Recherchen hervorgeht.

Bayern will auch als Reaktion auf den Münchner Amoklauf seine Zentralstelle für Cybercrime (ZCB) erheblich verstärken. Bis Herbst 2018 soll sie um 24 Experten wachsen, darunter mehrere Staatsanwälte. Die ZCB ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angesiedelt und ab 1. September zunächst mit vier Mitarbeitern ausgestattet. Nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach sowie dem Amoklauf in München hob Justizminister Winfried Bausback (CSU) noch einmal die Bedeutung der Ermittlungsarbeit im Internet hervor. Bei allen drei Taten habe das Internet – zum Beispiel in Form von internetgestützter Kommunikation oder Propaganda in sozialen Netzwerken – eine Rolle gespielt.

Auch in Hessen wird die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), die den mutmaßlichen Verkäufer der Münchener Amokwaffe überführt hat, größer. 2016 sei eine neue Stelle geschaffen worden, sagte ein Sprecher des Justizministeriums in Wiesbaden. Dieser Ermittler habe auch den mutmaßlichen Waffenhändler im Darknet ausfindig gemacht. Eine fünfte Staatsanwaltschafts-Stelle soll 2017 folgen. Die vor gut zehn Jahren eingerichtete ZIT beschränke sich auf hochkomplexe Verfahren. Im vergangenen Jahr waren das etwa 1000. Die ZIT ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt angesiedelt, als Außenstelle mit Sitz in Gießen.

Im Saarland richtet das Justizministerium bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken demnächst ein Sonderdezernat Cybercrime ein. Die Fälle im Bereich der Internetkriminalität hätten sich in den letzten zehn Jahren vervierfacht, teilte das Ministerium mit. Im vergangenen Jahr habe es etwa 5000 Ermittlungsverfahren gegeben. Zudem plant das Ministerium eine gemeinsame Kompetenzplattform mit dem Zentrum für IT-Sicherheit (CISPA) an der Universität des Saarlandes.

Auch in Baden-Württemberg gibt es Pläne, die Zentralstelle für die Bekämpfung der Informations- und Kommunikationskriminalität (ZIK) aufzustocken. Sie ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart angesiedelt. Konkrete Zahlen werden nicht genannt, weil der neue Landeshaushalt noch nicht steht.

Nordrhein-Westfalen hat 2014 eine Cybercrime-Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Köln eingerichtet. In dem Kompetenz- und Abwehrzentrum befassen sich acht Juristen mit kriminellen Netzaktivitäten. Ziel sei es, Internetbetrüger, böswillige Hacker und Extremisten aus der Anonymität des Darknet zu holen, sagte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) der dpa. Seit Juni 2016 ist die Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Köln zuständig für ganz Nordrhein-Westfalen.

In Rheinland-Pfalz sind in den vergangenen zwölf Monaten 38 Stellen für Cybercrime-Spezialisten geschaffen worden. 32 Experten seien bereits eingestellt, teilte ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage mit. Die Zahl erstreckt sich auf die fünf Polizeipräsidien. Die Spezialisten ermitteln und speichern Computerdaten zur Sicherung von Beweisen. Gesucht werden Experten mit Ausbildung im IT-Bereich, die mit Polizisten zusammenarbeiten.

Berlin hat im August 2015 eine Spezialabteilung zur Bekämpfung von Internetkriminalität mit vier Staatsanwälten ins Leben gerufen. Derzeit werden weitere Cyber-Staatsanwälte gesucht. "Die Methoden der Kriminellen im Netz werden immer ausgefeilter", hatte Senator Thomas Heilmann (CDU) zum Start der Abteilung gesagt. "Um die Bürger schützen zu können, müssen wir da mithalten."

In Sachsen-Anhalt wurde im Jahr 2014 das Cybercrime Competence Center (4C) eingerichtet und sollte mit rund 50 Mitarbeitern ausgestattet werden. Es wurden vor allem Informatiker gesucht.

In Thüringen gibt es ebenfalls seit 2014 ein Dezernat für Cybercrime. Bis Mai 2016 habe man sukzessive vierzehn Spezialisten einstellen können. Noch im Januar 2016 hieß es, dass im März 2015 erst sieben von den insgesamt 19 eingeplanten Stellen besetzt gewesen seien.

Das Cybercrime Competence Center (SN4C) beim LKA in Sachsen wurde auch im Jahr 2014 gegründet. 2015 wurden 100 Stellen für IT-Spezialisten für das SN4C eingeplant. Wie die Anfrage eines Linken-Abgeordneten zeigte, konnten bis Dezember 2015 aber lediglich 20 Stellen besetzt werden. Anfang 2016 hat das sächsische Justizministerium zudem noch eine Zentralstelle Cybercrime Sachsen (ZCS) geschaffen, um die Kräfte zur Bekämpfung von Internetkriminalität zu bündeln. Ermittler und Staatsanwälte sollen durch die ZCS bezüglich Internetdelikten geschult werden. Drei Staatsanwälte und ein IT-Experte wurden für die Zentralstelle bisher eingeplant.

Auch Niedersachsen setzt seit dem Jahr 2014 zusätzliche Staatsanwälte und Experten ein, um der wachsenden Internetkriminalität zu begegnen. Beim niedersächsischen LKA ist zudem eine Spezialeinheit Cybercrime tätig. Auf der CeBIT 2014 ist das LKA Niedersachsen auch der Sicherheitskooperation zwischen dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM), dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg als weiteres Mitglied beigetreten. Die Kooperation besteht in ihren Grundzügen seit 2011mit dem LKA NRW und wurde 2013 mit dem Beitritt des LKA Baden-Württemberg das erste Mal ausgeweitet.

In Mecklenburg-Vorpommern werden seit dem Jahr 2011 "Ermittlungsressourcen" in einem Dezernat Cybercrime zusammengeführt. Im Jahr 2012 kam eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Rostock für Ermittlungen im Netz hinzu. Die Polizeigewerkschaft Mecklenburg-Vorpommern hat noch im Dezember 2015 wesentlich mehr Personal für die Bekämpfung von Internetkriminalität gefordert. Sie sieht einen weiteren Bedarf von etwa 100 Internet-Ermittlern. Das Dezernat Cybercrime solle laut Gewerkschaft auch zu einer eigenen Abteilung mit einzelnen Dezernaten zu den Bereichen "Grundsatz, Kinderpornografie, Terrorismus oder Gewalt" ausgebaut werden. (mit Material der dpa) / (kbe)