Es war einmal das Leben

Der Mikrobiologe Idan Ben-Barak hat mit seinem zweiten Buch ein unterhaltsames Werk über das Immunsystem verfasst.

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Nicht nur in den Ratgeber-Regalen der Buchhandlungen gibt es bereits eine Fülle von Veröffentlichungen, die sich mit dem Immunsystem beschäftigen. Auch an erklärenden Werken mangelt es nicht. Ein schwieriges Umfeld also, in dem sich ein neues Buch erst einmal Gehör verschaffen muss. Doch das gelingt dem Mikrobiologen Idan Ben-Barak mit seinem Titel "Warum sind wir eigentlich noch nicht tot? Alles über unser Immunsystem" ganz vortrefflich.

Was Ben-Barak in seinem ersten Prosawerk "Kleine Wunderwerke. Die unsichtbare Macht der Mikroben" bereits angefangen hat, spezialisiert er somit im aktuellen Buch im Grunde für den Bereich des Immunsystems. Er verbleibt dabei aber nicht nur beim menschlichen System, sondern schlägt einen Bogen von anderen Wirbeltieren, zu wirbellosen Tieren bis hin zum Immunsystem von Mikroorganismen.

Ben-Barak besticht vor allem durch seine lockere Sprache. Er legt offen dar, dass dieses Buch niemandem helfen wird, "besser begründete gesundheitliche Entscheidungen zu treffen, sich nachhaltiger zu ernähren, die Haare üppiger sprießen zu lassen […] oder die Kreditkartenrechnung schneller zu bezahlen." Dabei schafft er es eine Balance zu halten zwischen Fachbegriffen – von Antigen-Epitop über Phagen bis hin zu Toll-ähnlichen Rezeptoren (TLR) – und der Veranschaulichung von komplexen Prozessen zu finden, etwa bei der Beschreibung der iRNA: "Ein kleines iRNA-Molekül 'passt' zu einer bestimmten mRNA, heftet sich an diese und verhindert, dass sie ihre eigentliche Aufgabe erfüllt. Die mRNA ist somit nutzlos, und das zugehörige Protein wird nicht produziert."

Insgesamt erinnert die Erzählweise ein wenig an die französische Zeichentrickserie "Es war einmal … das Leben" aus den 90er-Jahren. Wo es dort jedoch – der Zielgruppe wegen – stark vereinfacht zugeht, traut Ben-Barak hier den Lesern mehr zu. Lebhaft machen die Lektüre außerdem einige persönliche Einfügungen. Das Kapitel, das die Forschung zur Immunologie behandelt, leitet er beispielsweise mit einer Kindheitserinnerung ein: Der kleine Idan mochte früher nie Gemüse, allenfalls ein Glas Tomatensaft war akzeptabel. Als er dann von seiner Oma ein Glas kalten, frischgepressten Tomatensaft bekam, musste er sich aber auch dabei überwinden. Denn zuvor hatte ihm seine Mutter stets stark verdünnten, mit Zucker gesüßten Tomatensaft vorgestellt. Dieses Neusortieren von bisherigen Erfahrungen beim Tomatensaft bildet eine schöne Analogie zu der Forschungsgeschichte über das Immunsystem. Auch hier mussten bisherige Erfahrungen nach neuen Erkenntnissen neu geordnet werden.

Das ein oder andere Biologie-Buch für die Schule könnte sich an Ben-Baraks Werk eine Scheibe anschneiden. Mit Sicherheit würden sich dann ein paar mehr Schüler für Biologie und die spannenden Körpermechanismen begeistern.

Idan Ben-Barak: "Warum sind wir eigentlich noch nicht tot? Alles über unser Immunsystem." Ullstein, 208 Seiten, 16,99 Euro (E-Book: 14,99 Euro) (jle)