Vor 60 Jahren: IBM veröffentlicht erste Sprachspezifikation für Fortran

1957 betrat die erste höhere Programmiersprache die öffentliche Bühne, im Oktober 1956 jedoch wurde schon eine erste Beschreibung von Fortran veröffentlicht, die nun demnach ihr 60-jähriges Jubiläum feiert.

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Vor 60 Jahren: IBM veröffentlicht erste Sprachspezifikation für Fortran
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Von
  • Alexander Neumann

Fortran, die erste tatsächlich realisierte höhere Programmiersprache, ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich gleich mehrere Daten anbieten, ein rundes Jubiläum zu feiern. Die Idee für die Sprache unterbreitete ihr Entwickler John Backus bereits 1953. Schon 1954 konnte ein erstes Programm ausgeführt werden. Doch erst 1957 entschied man sich bei IBM, Fortran als marktreif zu deklarieren, weswegen die Integration in die IBM-704-Systeme gemeinhin als Geburtsstunde der Sprache gilt.

Deckblatt des "Fortran Automatic Coding System for the IBM 704 EDPM

(Bild: Wikipedia)

Bereits sechs Monate vorher, genauer gesagt am 15. Oktober, also vor zwei Tagen, wurde das erste Fortran Reference Manual, quasi ein erstes Buch zur Programmiersprache, veröffentlicht. Es bestand aus 60 Seiten mit großen Lettern und breitem Rand, was im Vergleich zum heutigen Sprachstandard einer Winzigkeit entspricht.

Vor Fortran, das ursprünglich für FORmula TRANslator beziehungsweise The IBM Formula Translating System steht, hatte jeder Computer seine eigene Sprache. Letztlich handelte es sich dabei um eng an die Architektur des Computers gekoppelten Maschinencode. Jedes Byte wurde manuell alloziert und verwaltet. Das bedeutete jedoch auch, dass die Arbeit mit dem Maschinen-Code in großen Teilen wenig praktikabel und dass das Erstellen von Programmen aufwendig und fehleranfällig war.

Der Schritt weg vom Maschinen-Code hin zu einer Programmiersprache, die mithilfe eines Compilers auf mehreren Systemen wie im Fall des System 704 lauffähig war, bedeutete einen revolutionären Schritt, da hierdurch ein automatisierter Weg gefunden wurde, arithmetische Ausdrücke zu übersetzen. Auch war den Sprachentwicklern bei IBM schnell klar, dass das Programmieren für die 704-Systeme deutlich schneller, billiger und zuverlässiger werden würde. Diese Maschinenunabhängigkeit bedeutete. dass jede Maschine mit einem Fortran-Compiler jedes Fortran-Programm ausführen konnte. Darüber hinaus führte Fortran neue Ideen wie arithmetische Zuweisungen, Kommentare, DO-Schleifen (frühe Form von for-Schleifen), Subroutinen, Funktionen und formatiertes Input/Output.

Während über die Jahre hinweg etliche neue Programmiersprachen auf der Bildfläche auftauchten und wieder verschwanden, ist Fortran weiterhin immer noch eine rege eingesetzte Sprache. Insbesondere im High-Performance Computing mit Aufgaben wie der Klimamodellierung ist Fortran weiterhin gesetzt. Klar ist das heutige Fortran beileibe nicht mehr das von vor 60 Jahren. Sprachreleases wie Fortran I, II, III, Fortran 66, das ungemein populäre Fortran 77, aber auch die "jüngeren" Versionen Fortran 90, 95, 2003 und das aktuelle Fortran 2008 trugen dazu bei, dass sich die Sprache der Zeit und den Anforderungen gemäß weiterentwickelte.

Ganz zu schweigen davon, dass es derzeit Bemühungen an der nächsten Sprachversion Fortran 2015 gibt, die Mitte 2018 erscheinen soll. Dabei sind die Änderungen stets so behutsam ausgefallen, dass ein Fortran-Entwickler der frühen Stunde ziemlich schnell nachvollziehen könnte, was ín einem Fortran-2008-Programm passieren soll. (ane)