Spam ist das Hauptübel

Nach einem Bericht hat Spam im Oktober größeren wirtschaftlichen Schaden angerichtet als Viren oder Hacker zusammen

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Wenn es um die Computersicherheit und das Internet geht, so wird in erster Linie vor Hackern und Viren, Würmern oder Trojanern gewarnt. Hacker und Virenautoren nutzen die Schlampereien der Software-Hersteller und die mangelnde Vorsicht vieler Benutzer. Anstatt für größere Sicherheit bei den eigenen Produkten zu sorgen, hat beispielsweise Microsoft eine Belohnung von bis zu einer Viertelmillion Dollar für denjenigen ausgesetzt, der Hinweise zur Ergreifung der Hersteller von W32.Blaster und Sobig liefert.

Nach einem Bericht der britischen Computersicherheitsfirma mi2G ist der wirtschaftliche Schaden, der im letzten Monat von Spam verursacht wurde, größer gewesen als der Schaden, der durch Viren oder Würmer und Hacker zustande kam. Obgleich die Menge der unerwünschten Werbemails zurück gegangen sein soll, habe Spam durch sinkende Produktivität und Störungen im Oktober weltweit einen Schaden von 10,4 Milliarden bewirkt. Die Schäden, die von Viren hervorgerufen werden, schätzt die Firma auf 8,4 Milliarden, Hacker verursachen demnach mit einer Milliarde Verlusten die geringsten Schäden.

Im Gegensatz zu Viren und Hackerangriffen gilt Spam eher als lästige Begleiterscheinung des Internet. Politiker haben lange gebraucht, hier eine Gesetzgebung zur Bekämpfung von Spam zu entwickeln, die aber oft lückenhaft ist und den Vorgang als eine Art Kavaliersdelikt begreift, weil man die Wirtschaft schonen will. Allerdings besteht die Befürchtung, Spam könne dazu führen, dass die Verwendung von Emails bei Privatpersonen und Unternehmen reduziert werden könnte. Mit der EU-Richtlinie über den Datenschutz ist zwar Anfang November auch ein EU-weites Spam-Verbot in Kraft getreten. Das Verschicken von Werbemails ist nur mit vorheriger Einwilligung der Empfänger erlaubt (Opt-in-Verpflichtung), verboten sind falsche Adressen der Absender. Wirkungsvoll werden solche Gesetze aber erst, wenn sie weltweit gültig wären.

DK Matai, der Vorsitzende von Mi2G, erklärt, dass man in der Firma auch von der Annahme ausgegangen sei, dass Hacker mehr Schaden anrichten als "Malware" und dass diese wiederum schlimmer als Spam ist. Dabei scheint die Menge der unerwünschten Werbemails nicht das einzige Kriterium zu sein. Obgleich inzwischen mehr als Hälfte aller Emails weltweit Spam sind, ist deren Anteil offenbar im letzten Monat zurück gegangen.

Nach einer Überprüfung von 70 Milliarden Emails im Oktober hat Brightmail, Hersteller von Spamfiltern, 52 Prozent als Spam identifiziert. Im September war man noch auf 54 Prozent gekommen. Allerdings ist Spam in den letzten Jahren explodiert. Ende 2002 waren 40 Prozent der Emails Spam. 2001, so die EU, habe der Anteil erst bei 7 Prozent gelegen. 21,3 Prozent der unerwünschten Werbemails würden, so Brightmail, für Waren oder Dienste werben, 16,2 Prozent enthalten Hinweise auf Geld (Investitionen, Kredite, Aktien etc.) und 14,5 Prozent werben für Pornographie.

Der von Spam bewirkte Schaden könnte deswegen höher sein, vermutet Mi2G, weil manche Spammer nun auch versuchen, mit Spam gegen Antispammer vorzugehen. So sind Websites von Antispam-Organisationen etwa mit Emails bombardiert worden. Damit können Server lahm gelegt werden. Einige Antispam-Organisationen haben aufgegeben, andere mussten mehr in Bandbreite und Sicherheit investieren.

Ob Spam auch weiterhin den meisten Schaden verursachen wird, ist freilich ebenso unsicher, wie die Schätzung der Höhe des Schadens vage ist. Der Oktober war beispielsweise, was Viren und Würmer betrifft, relativ ruhig, während im September noch die Würmer Sobig, Swen, Mimail, Klez oder Blaster für größeren Schaden sorgten. Auf der anderen Seite könnte die breitere Verwendung von Spam-Filtern und Antispam-Gesetzen das Problem in Zukunft eindämmen. Allerdings werde Spam weiterhin attraktiv sein, solange die Versender anonym bleiben können und gute Gewinne mit wenig Geld erzielen: "Der finanzielle Gewinn, der die Aussendung von Spam motiviert, ist einfach zu lukrativ", meint man bei mi2G, "wenn man die niedrigen Kosten für das Besorgen der Adressen und das Aussenden von Hunderten von Millionen Emails betrachtet."