Wenn ein VR-Headset für zwei Spieler reicht

Noch ist Technik für virtuelle Realität teuer, so dass die meisten Nutzer sie nur einmal haben. Das kann das Spielen damit zu einer einsamen Angelegenheit machen – doch ein interessantes Spiel zeigt, wie es anders geht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Signe Brewster
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Vor kurzem habe ich in meinem Wohnzimmer ein Oculus Rift-Headset in Betrieb genommen und Freunde und Familie eingeladen, die ersten Erfahrungen mit virtueller Realität zu machen. Es war faszinierend, zuzusehen, wie die Leute begeistert (und manchmal enttäuscht) auf virtuelle Räume reagierten, die ich ihnen mit Worten kaum beschreiben konnte.

Dieses Gefühl wich dann schnell unerfreulichem Warten. Hochwertige VR-Headsets kosten derzeit um die 600 Dollar, so dass nicht viele Nutzer gleich in ein zweites investieren. Doch mit Wartezeiten war Schluss, als ich Keep Talking and Nobody Explodes entdeckte, ein Spiel von Steel Crate Games.

Das Spiel ist ganz einfach angelegt: Der Träger des VR-Headsets sieht eine Bombe, die aus mehreren Modulen besteht. Gesichert ist jedes davon mit einem Rätsel, das sich nur lösen lässt, wenn eine weitere Person in einem Handbuch nachsieht – doch die kann die Bombe nicht sehen. Der Headset-Träger beschreibt also das jeweilige Rätsel und folgt dann den Anweisungen des Mitspielers mit dem Handbuch. Die Touch-Controller von Oculus, mit denen man die Hände auf natürlichere Weise einsetzen kann, sind noch nicht auf dem Markt, also bearbeitet man die Bombe derzeit mit einem Xbox-Controller.

Das Spiel ist temporeich und macht enorm Spaß. Meine Hände schwitzen jedes Mal, wenn ich das Headset trage und die Farbe von Drähten und die Form von merkwürdigen Symbolen beschreibe. Wenn ich zu viele Fehler mache oder zu lange brauche, geht die Bombe hoch.

Die Idee zu dem Spiel kam den Entwicklern bei einem Hackathon, auf dem ihnen auffiel, dass immer nur derjenige Besucher Spaß mit ihrem frühen VR-Headset hatte, der es gerade tragen durfte. Also schrieben sie rasch eine Demo-Version für ihr kooperatives Bomben-Spiel. Die Inspiration für die Handlung kam von einer Folge der Zeichentrickserie Archer, in der die Figuren mit Hilfe von Instruktionen per Funk eine Bombe auf einem Luftschiff entschärfen. Wie sich zeigte, entstand bei dem Spiel schnell eine Verbindung zwischen dem Headset-Träger und dem Mitspieler mit dem Handbuch und sogar mit den Zuschauern – alle waren in die Entschärfung der Bombe involviert, die nur unter dem Headset zu sehen ist.

Bezeichnet wird dieses Konzept allgemein als asymmetrisches Multiplayer-Spiel, und es existiert schon länger als Technik für virtuelle Realität. Brian Fetter, einer der Entwickler von Keep Talking, erwartet, dass noch mehr Spiele dieser Art herauskommen werden. Allerdings sieht er darin nicht die endgültige Antwort auf die isolierende Wirkung von VR. Lieber würde er mehr Headsets in mehr Haushalten sehen. Denn für Fetter liegt die eigentliche Kraft von VR darin, Menschen aus allen Teilen der Welt in denselben Raum zu bringen.

"Wir werden ständig darauf angesprochen, dass VR eine antisoziale Technologie sei", sagt Fetter. "Aber ich habe genau das Gegenteil erlebt. Ich bin der Meinung, dass VR viel mehr soziale Möglichkeiten bietet als die meisten Multiplayer-Spiele von heute. Mit VR bekommt man eine Nähe zu anderen Personen, die mit reiner Sprachkommunikation nicht möglich ist."

Party-Spiele werden natürlich trotzdem immer gebraucht werden. Super Smash Bros. zum Beispiel mag einen nostalgischen Reiz haben, doch Keep Talking and Nobody Explodes spielt mit der interessanten Idee, die Spieler auf gewisse Weise voneinander zu isolieren, obwohl sie sich im selben Raum befinden.

(sma)