John Gilmore: Was falsch ist am Kopierschutz

Geht es nach John Gilmore, dem Mitbegründer der Electronic Frontier Foundation, ist eine grundsätzlich andere Haltung zu Urheberrecht und Kopierschutz notwendig.

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Von
  • Jürgen Kuri

Für John Gilmore, Mitbegründer der Electronic Froniter Foundation (EFF), läuft in der momentanen Diskussion um Urheberrecht und Kopierschutz einiges falsch : "Es spricht überhaupt nichts dagegen, Leuten die Möglichkeit zu geben, kopiergeschützte Produkte zu erwerben". Es sei jedoch falsch, wenn Verbraucher, die Produkte wollen, die einfach nur ohne Kopierschutz Bits, Audio- und Videodaten aufzeichnen, keine fänden, weil diese Produkte vom Markt verdrängt worden seien.

In einem ausführlichen Artikel, den c't in deutscher Übersetzung unter der GPL veröffentlicht, beschäftigt sich Gilmore grundsätzlich mit den Fragen des Urheberrechts- und Kopierschutzes in den Zeiten des Internet und der digitalen Medien. Gilmore ist ein renommierter Internet-Aktivist, der sich schon lange mit den gesellschaftlichen Konsequenzen der Technik auseinander setzt. Er hat nicht nur unter anderem die EFF mitbegründet, sondern auch die Cypherpunks und die alt-Hierarchie des Usenet.

Neben grundsätzlicher Kritik beispielsweise an Pay-per-use-Systemen und der Geheimniskrämerei der Industrie bei Geräten mit Kopierschutzsystemen meint Gilmore, Urheberrechtsregelungen und Kopierschutz würden für andere Zwecke als ursprünglich vorgesehen missbraucht: "Nicht zum Schutz bestehender Rechte, sondern um neue Rechte frei nach Belieben des Copyright-Besitzers zu etablieren."

Dadurch entsteht für Gilmore eine Einschränkung der Rede- und Pressefreiheit mittels ausgedehnter Kopierschutzmaßnahmen. "Es ist falsch, wenn das Gleichgewicht zwischen den Rechten des Urhebers und der Rede- und Pressefreiheit verloren geht. Jede Erweiterung der Urheberrechte schränkt die Rede- und Pressefreiheit weiter ein." Das Recht auf Kritik werde durch dieses Ungleichgewicht verletzt. Dabei gebe es nun die Möglichkeit, beliebige Informationen, die kompakt auf digitalen Medien untergebracht werden können, zu duplizieren. "Wir können sie weltweit vervielfältigen und Milliarden von Menschen zur Verfügung stellen – zu sehr niedrigem Preis und für alle erschwinglich." Es schlichen aber "griesgrämige Geister umher", die gerade aus der Aufrechterhaltung des Mangels Profit zögen. Sie überzeugten "ihre Mitverschwörer, dass unsere billige Duplizierungstechnologie an die Kette muss, damit niemand Kopien machen kann – zumindest nicht von den Gütern, die sie uns verkaufen möchten."

Geht es nach Gilmore, ist eine grundlegende Änderung in der Herangehensweise notwendig: "Ein friedlicher Pfad in ein Zeitalter des Überflusses sollte hier und jetzt beginnen, mit der Umstrukturierung der Wirtschaftszweige, in denen wir den Mangel bereits besiegt haben: Text, Audio, und Video." Die Teile der Industrie, die nicht anpassungsfähig seien, sollten nach Meinung Gilmores von der Bildfläche verschwinden und durch anpassungsfähige ersetzt werden. "Warum sollten wir es Unternehmen mit Eigeninteresse erlauben, das Gleichgewicht der freiheitlichen Grundrechte aus dem Lot zu bringen und dabei die Rede- und Ausdrucksfreiheit, die freien Märkte, den wissenschaftlichen Fortschritt, die Verbraucherrechte, die Gesellschaftsstabilität und das Ende des materiellen und informationstechnischen Mangels aufs Spiel setzen? Weil jemand ein Lied klauen könnte? Das erscheint mir doch als ziemlich fadenscheinige Ausrede."

Die deutsche Übersetzung des vollständigen Artikels von John Gilmore bringt c't in Ausgabe 4/2001 (ab Montag, dem 12. Februar, im Handel). Die Übersetzung steht auch online zur Verfügung und unterliegt – wie das amerikanische Original – der GNU General Public License (GPL). (jk)