#Hacked

Ein so genanntes News Game - ein Computerspiel rund um politische Nachrichten - soll die Nutzer für die Wirkung von Desinformation und Propaganda sensibilisieren. Aber die Wirklichkeit hat das Spiel längst überholt.

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Wem kann ich wirklich trauen? Wer versucht mich zu manipulieren? Wer will mir falsche Informationen unterschieben oder meine Daten stehlen? "#Hacked" ist ein webbasiertes Spiel, das den Gamer mit Texten, Audio- und Videoclips mitten in den Cyberkrieg versetzt, der den blutigen Bürgerkrieg in Syrien begleitet. Das Spiel läuft in allen gängigen Browsern – allerdings nur auf Englisch.

Als ich diesen Absatz im Dezember 2016 für unsere Rubrik "App des Monats" geschrieben habe, war das noch hochaktuell. Im Moment spricht fast niemand mehr über Syrien – aber viele über Donald Trump und "Fake News": Die Frage, wem man eigentlich noch trauen kann, wer wen versucht, zu manipulieren, und wo überhaupt die politischen Konfliktlinien verlaufen, ist dagegen aktuell wie nie.

Die ZEIT beispielsweise erzählte vor kurzem die glorreiche Geschichte von den "Elf Aufrechten im Kampf gegen die Lüge": Elf Beamte, in Brüssel, deren "einzige Aufgabe darin besteht, Fake News zu enttarnen". Schön, wenn die Welt so wäre, aber allein dieser Satz macht mich misstrauisch. Denn es geht nicht um irgendwelche Fake News – es geht vor allem darum, mit dem "Disinformation Review" russische Desinformation und Propaganda zu entlarven.

Vielleicht hätte ich nicht so viel #Hacked spielen sollen. Auch das ist ein logischer Kaninchenbau, der, wenn man Vertrauenswürdigkeit hinterfragt, immer nur tiefer und tiefer in Widersprüche führt. Was habe ich damals geschrieben:

Der Spieler wird in die Rolle eines Journalisten versetzt, der in der kürzestmöglichen Zeit ein Dossier über diesen Cyberkrieg zusammenstellen muss. Dafür muss er durch ein "virtuelles Minenfeld" voller Computerviren, Hacker und potenziell unzuverlässiger Quellen navigieren. Wobei – das mit dem Minenfeld nicht wirklich wörtlich zu nehmen ist, der Spieler aber durchaus recht schnell lernen muss, nicht jeder Quelle blindlings zu vertrauen, umgekehrt aber auch seine Quellen zu schützen.

Das aufwendig gemachte "News Game" stützt sich nach Angaben der Macher auf reale Personen, Erfahrungen, Ereignisse und Untersuchungsergebnisse des IT-Sicherheitsspezialisten FireEye. Das i-Tüpfelchen an Realismus ist jedoch die Quelle des Spiels selbst: #Hacked wurde vom englischsprachigen Ableger des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera produziert, weil der Sender selbst in den virtuellen Krieg hineingezogen wurde, als ihn Hacker der regimetreuen Syrian Electronic Army (SEA) angegriffen haben. Al Jazeera verfolgt nach eigenen Angaben rein journalistische Ziele. Kritiker werfen dem Sender aber vor, immer wieder den Interessen des Herrscherhauses von Katar zu dienen. Ist das Spiel, das angeblich dazu dient, kritische Medienkompetenz zu vermitteln, also selbst Teil des Propaganda-Krieges, der den syrischen Bürgerkrieg begleitet?

Vielleicht ist das Ding ja doch noch aktueller, als ich dachte. (jle)