Es bewegt sich was

Bei der Vorbeugung von Übergewicht bei Kindern hat sich eine kleine Stadt in Westfinnland als Vorzeigeobjekt hervorgetan. Dabei hat die Gemeinde nur Selbstverständliches umgesetzt.

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An dieser Stelle berichtete meine Kollegin bereits das ein oder andere Mal über das Thema Zucker und Übergewicht. Auf politischer Ebene versuchen bereits Länder wie Mexiko und Großbritannien, aber auch einzelne Städte in den USA und Europa mit einer Zuckersteuer ihrer Bevölkerung die süßen Softdrinks zu versalzen, um sie so für eine gesündere Ernährung zu sensibilisieren und damit vor Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Karies zu schützen. So notwendig solche staatlichen Verordnungen auf finanzieller Basis zu sein schein, so können sie doch nur ein Teil eines größeren Zahnrads sein.

Finnland schlug deshalb einen anderen Weg ein. Die Nation hatte vor einigen Jahren mit extremen Quoten von Übergewicht zu kämpfen, besonders bei Kindern. 2009 waren etwa 17 Prozent der Fünfjährigen übergewichtig, das ist besonders fatal, da diese Kinder ihre zusätzlichen Kilos mit ins Erwachsenenalter nehmen.

Eine kleine Stadt in Westfinnland ist das Problem nicht an dem Geldbeutel der Menschen, etwa über eine Zuckersteuer, angegangen. Sie versucht seit 2013, über pragmatische Maßnahmen bereits die Jüngsten vom Übergewicht zu befreien. Mit ihrem Präventionsprogramm ist die Gemeinde zum Vorzeigeobjekt avanciert, auf das auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufmerksam geworden ist. Das Geheimnis beruht darauf, dass verschiedene Institutionen ineinandergreifen und Eltern wie Kinder unterstützen. Die Einrichtungen namens Neuvola beraten werdende Eltern und ihre Kinder (nicht nur) bei der Ernährung. Im Kindergarten geht es weiter. Die Tagesstätten bekommen ihr Mittagessen von der Zentralküche und die kocht seit Beginn des Seinäjoki-Projekts mit weniger Salz, Fett und Zucker. Süße Kuchen zum Geburtstag von Kindergartenkindern wurden untersagt. In den Grundschulen gibt es mehr Möglichkeiten zur Bewegung, Sitzbälle etwa. Und in den weiterführenden Schulen wurde teilweise Unterricht am Stehpult eingeführt. Die Schüler können während der Stunde aufstehen und ein paar Klimmzüge machen, wenn ihnen danach ist. Die gesünderen Mahlzeiten der Zentralküche werden auch an Grund- und die anderen Schulen der Stadt ausgeliefert. Alles in allem setzt die Stadt nur Selbstverständliches um: eine ausgewogene Ernährung und Bewegung. Das Programm beherzigt Grundsätze, die eigentlich als bekannt vorausgesetzt werden können, doch wie so oft scheitert es an der Befolgung.

Das "nur" Selbstverständliches in einen Aktionsplan gegossen wurde, soll die Leistung der finnischen Gemeinde keineswegs schmälern. Immerhin ist Seinäjoki eine Stadt, die innerhalb weniger Jahre Erfolge vorweisen kann. Und – glaubt man ihren Aussagen – die Schüler nehmen das Programm an und profitieren von den Effekten wie besserer Konzentration nach einer bewegten Pause. Solche interinstitutionellen Programme mit einem pragmatischen Ansatz sollten, ja müssen, auch für andere Städte zunehmend an Relevanz gewinnen. Nur durch ein solches Ineinandergreifen und der Akzeptanz in der Bevölkerung lässt sich einer der schwierigsten Herausforderung in der öffentlichen Gesundheit begegnen.

(jle)