Die Macht des Konsumenten

Vier Jahre nach dem Einsturz des Rana-Plaza-Hochhauses in Bangladesch ist es an der Zeit, dass sich in der Modebranche etwas ändert. Ein internationales Bündnis fordert große Unternehmen auf, die Herkunft ihrer Ware offen zu legen.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Es ist nun genau vier Jahre her, dass 1100 Menschen in den Trümmern des Rana-Plaza-Hochhauses in Bangladesch starben und 2000 verletzt wurden. Doch bis heute hat sich an den oft menschenunwürdigen Produktionsbedingungen in Asien und auch anderswo nicht viel geändert: In Bangladesch zum Beispiel arbeiten laut der "Kampagne für Saubere Kleidung" (Clean Clothes Campaign) unverändert viele Frauen in der Bekleidungsindustrie, die aus sozialen Gründen keine Chance auf Schulbildung und andere Jobs haben. Als Näherinnen aber arbeiten sie zu Armutslöhnen, die kaum ihre Existenz sichern. Das heißt, sie können sich nicht leisten, krank zu werden und absolvieren obendrein viele Überstunden. Das sind Produktions- und Arbeitsbedingungen, die nicht den "international definierten Umwelt- und Sozialstandards" entsprechen, wie auch der Webseite des deutschen "Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung" zu entnehmen ist.

Deshalb ist es um so wichtiger, die Textilkette von ihrem Ende – den Konsumenten – her zu beeinflussen. Machen die Käufer im Westen Druck auf internationale Marken und Modehäuser, können sie auf diesem Weg vielleicht erreichen, dass die Arbeiterinnen immerhin einen Existenzlohn erhalten. Das ist auch das Ziel eines Bündnisses aus neun Arbeits- und Menschenrechtsorganisationen sowie Gewerkschaften, dem sowohl die "Kampagne für Saubere Kleidung" als auch die amerikanische Menschenrechts-Organisation "Human Rights Watch" angehören.

Das Bündnis forderte von mehr als 70 weltweit operierenden Bekleidungsunternehmen jüngst ein Transparenzversprechen unter dem Motto "Follow the Thread: The Need for Supply Chain Transparency in the Garment and Footwear Industry" ein. Es geht also darum, die Lieferketten offen zu legen: "Eine transparente Wertschöpfungskette ist besser für die Arbeitnehmer und die Menschenrechte. Und sie zeigt, dass die Unternehmen Missbrauch in ihrer Lieferkette wirklich verhindern wollen", sagt Aruna Kashyap, Frauenrechtsexpertin von "Human Rights Watch". Also endlich einmal mehr als nur Versprechen und Lippenbekenntnisse?

Die Reaktionen sind entsprechend inhomogen, wie der Bericht über den Vorstoß des Bündnisses jetzt zeigt. Von den 72 Unternehmen, die das Bündnis eigenen Aussagen zufolge angesprochen hat, wollen 17 die geforderten Standards bis Ende dieses Jahres einhalten. Aber es gibt auch Firmen, die sich gern entziehen würden – mit dem Hinweis, eine solche Transparenz schade ihnen. Dem widerspricht allerdings die Modemarke Esprit: "Diese Informationen zu veröffentlichen, ist für viele Unternehmen nicht angenehm, aber es ist an der Zeit, es zu tun." Wer alles schon jetzt mitmacht – neben Esprit etwa adidas, C&A, G-Star RAW, Levis, Nike, Patagonia oder die H&M-Gruppe – lässt sich auf der Webseite von "Human Rights Watch" nachlesen. Es ist wohl ebenfalls an der Zeit, dass die Käufer ihr Gewissen hinterfragen und ihr Potenzial entsprechend nutzen. (inwu)