Lokales Netzwerk auf dem Land

In Kuba haben Aktivisten ein eigenes soziales Stadtnetzwerk aufgebaut.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marco Lehner

In Deutschland hat jeder die Möglichkeit, online zu gehen. In anderen Ländern funktioniert das nicht ohne Weiteres: In Kuba gibt es erst seit 2015 öffentliche WLAN-Hotspots und damit die Möglichkeit für Privatpersonen, auf das Internet und soziale Netzwerke zuzugreifen. Doch bis jetzt teilen sich die elf Millionen Kubaner gerade einmal rund 300 Hotspots. Die Folge sind langsame Downloads und instabile Verbindungen.

Ländliche Regionen sind davon oft komplett abgeschnitten. Im 7500 Einwohner zählenden Gaspar etwa gab es bis vor Kurzem gar keinen Internet-zugang. Vier Mittzwanziger aus dem Städtchen haben deshalb ein lokales soziales Netzwerk gegründet: Gaspar Social. "Es hat mit einem Netzwerk angefangen, über das wir Videospiele spielen wollten", sagt der 23-jährige Gründer Osmani Montero im Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP. "Dann haben wir es öffentlich zugänglich gemacht, und die Nutzerzahl ist in nur einem Monat stark gewachsen." Aktuell hat das kostenlose Netzwerk mehr als 500 Nutzer, und Osmani musste die Server aufstocken.

Gaspar Social ist allerdings nicht mit dem Internet verbunden. Es bietet die Funktionen von Facebook auf rein lokaler Ebene. Die Gründer haben fünf Antennen in der Stadt aufgestellt. Darüber können sich die Nutzer mit dem Netzwerk verbinden, Fotos sowie Videos austauschen und chatten. Die Betreiber bieten außerdem eine News-Seite an, auf der sie von der Regierung autorisierte Nachrichten einstellen.

Das Unterfangen der vier Gründer befindet sich in einer rechtlichen Grauzone. Die kubanischen Behörden haben sich schon bei Osmani und seinen Freunden gemeldet: "Sie machten klar, dass das Netzwerk illegal ist. Aber sie sagten, sie würden unsere Antennen nicht runternehmen, solange wir keine Pornos oder eigenen politischen Inhalte erlauben würden."

Gaspar Social ist eines von 30 sozialen Netzwerken dieser Art in Kuba. Das Street-Net in Pinar del Río hat es sogar geschafft, seinen lokalen Dienst – zwar illegal, aber geduldet – an die staatliche Hotspot-Infrastruktur anzubinden. Dieses Konzept ist auch für Gaspar Social denkbar: Im vergangenen Dezember hat die kubanische Telefongesellschaft den ersten offiziellen Hotspot in Gaspar eröffnet.

Wenn die Nutzer über ihn ins Internet gehen, fallen allerdings hohe Gebühren an. Eine Stunde kostet 1,50 Dollar – bei einem Durchschnittseinkommen von 28 Dollar im Monat. Das lokale Netz in Pinar del Río verlangt für seinen Service außerdem drei Dollar zusätzlich pro Monat.

Beobachter sehen es als gutes Zeichen, dass die Behörden bei den illegalen Antennen und der illegalen Anbindung der Netze an die staatlichen Hotspots ein Auge zudrücken. Sie hoffen, die Behörden werden die privaten Netze legalisieren und in sie investieren. Die Regierung hätte es bitter nötig: Sie hat allen Kubanern bis zum Jahr 2020 einen Zugang zum Internet versprochen.

Doch der mangelnde Breitbandausbau ist nicht nur der Politik Kubas geschuldet. Vor allem das Handelsembargo der USA machte es bis 2009 schwer und teuer, an die notwendige Netzwerktechnik zu gelangen. Seit 2009 dürften amerikanische Firmen kubanischen Privatpersonen jedoch Telekommunikationsdienste anbieten. Seit 2013 ist Kuba auch an ein neues Glasfaserkabel angeschlossen, was die Geschwindigkeit der Datenverbindung um 3000 Prozent erhöhte. (bsc)