Unbemannt für den Tierschutz

In den Weiten der Savanne ist es schwierig, Tierherden zu überwachen. Drohnen in Verbindung mit Bilderkennungsalgorithmen könnten Abhilfe schaffen.

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Von
  • TR Online

Die Kalahari ist eine Dornstrauchsavanne, die sich über weite Teile Botswanas, Südafrikas und Namibias erstreckt. Hier leben viele große Säugetiere wie Giraffen, Straußen, Gnus und verschiedene Gazellenarten.

Die Nahrungsressourcen ändern sich in dem Ökosystem regelmäßig – je nach Regenfall, Grasungsverhalten oder auch, wenn Buschfeuer sich über das Land ausbreiten. Um zu verhindern, dass es zu einem Überverbrauch der Ressourcen durch die Tiere kommt, versuchen Wildhüter, die Zahl der Tiere an die Nahrungsverfügbarkeit anzupassen.

Dazu müssen die Individuen aber intensiv überwacht werden. Die übliche Methode: Es erfolgt eine Populationsschätzung vom Hubschrauber aus. Alternativ werden Kamerafallen verwendet, die die Bewegungen der Tiere an bestimmten Orten verfolgen. Doch diese Verfahren haben große Nachteile. Kamerafallen können Populationen nur an bestimmten Orten erfassen und Hubschrauberüberflüge sind teuer und zeitaufwendig.

Eine weitere Option ist die fotografische Erfassung der Savanne mittels Drohne. Diese kann eine große Anzahl von Bildern über große Areale aufnehmen. Unproblematisch ist aber auch das nicht: Die Analyse dieser Aufnahmen ist schwierig. Es braucht ausgebildete menschliche Operateure und gegebenenfalls sehr viel Zeit zur Auswertung.

Entsprechend schön wäre es für Wildhüter und Naturschützer, wenn die Bildanalyse automatisiert werden könnte. Der Forscher Nicolas Rey von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) hat nun zusammen mit seinem Team einen Bilderkennnungsalgorithmus aus dem Bereich des maschinellen Lernens entsprechend trainiert. Ihr Verfahren soll schneller arbeiten als ein menschlicher Experte und somit deutlich Verbesserungen bei der Populationsschätzung großer Säugetiere erlauben.

Die Methode klingt simpel: Die Forscher begannen zunächst mit einer 2014 durchgeführten Drohenkartierungsstudie, die im Kuzikus-Wildschutzgebiet am Rande der Kalahari in Namibia ablief. Dabei wurden fünf Drohnenflüge über das Reservat absolviert, bei denen eine Kamera 6500 Aufnahmen des Bodens gemacht hat. Jedes Bild hat eine Auflösung von 3000 mal 4000 Bildpunkten – pro Bildpunkt entspricht dies wenigen Zentimetern.

Zu sehen sind auf den Aufnahmen viele große Säugetiere, die aber sparsam verteilt sind. Und genau das macht es für menschliche Analysten so aufwendig, sie ausfindig zu machen. Rey und sein Team glauben, dass ihr Bilderkennungssystem dies besser kann. Allerdings wurden dazu zunächst passende Trainingsdaten benötigt.

Diese erhielten die Forscher im Rahmen einer Crowdsourcing-Kampagne, bei der 232 Freiwillige die Bilder untersuchten und um jedes aufgefundene Tier ein Polygon in das Bild einzeichneten. Jedes Bild wurde von mindestens drei Freiwilligen überprüft – von zehn Personen maximal. Die durchschnittliche Zahl von Überprüfern lag bei fünf. Wenn mehr als die Hälfte der Freiwilligen übereinstimmten, nahm das Team an, dass sich auf einem Bild tatsächlich ein Tier befand.

Auf diese Art wurden rund 976 große Säugetiere in 650 Bildern erkannt. Menschliche Experten überprüften die Ergebnisse dann und entfernen 21 unklare Fälle – ein Prozess, der nur 30 Minuten dauerte. Das Team nutzte dann die Beispieldaten, um ihren Algorithmus zu füttern und zu testen.

Das Ergebnis war interessant: Das Team fand heraus, dass ihr Verfahren am besten funktioniert, wenn die Aufnahmen früh am Tag gemacht werden und die Tiere lange Schatten werfen. "Wir kamen zu dem Schluss, dass die Überflüge am besten am Morgen und am besten zur gleichen Zeit zu besseren Ergebnissen führen." Der Algorithmus ist auch besser darin, stehende Tiere zu erkennen als liegende.

Insgesamt funktioniert die Technik gut. "Das System erreicht eine hohe Erkennungsrate und ein menschlicher Operateur kann Fehlerkennungen mit wenig Aufwand eliminieren", so Rey und sein Team. Entsprechend werden Menschen weiter gebraucht, doch ihr Arbeitsaufwand ist signifikant kleiner.

Das könnte Auswirkungen auf den Tierschutz in Afrika und anderen großen Regionen haben. "Es zeigt, dass die Erkennung großer Säugetiere in der halbtrockenen Savanne durch die Verarbeitung von Daten angegangen werden kann, die von Standard-RGB-Kameras stammen, die auf preisgünstigen Starrflügler-Drohnen sitzen", so Rey. Die Arbeit ist also ein gutes Beispiel dafür, wie gut sich unbemannte Fluggeräte und Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens ergänzen. ()