Von hinten durch die Brust ins Auge

Die Politik fördert gerne Sachen, die mit ihren eigentlichen Zielen höchstens in indirektem Zusammenhang stehen. Bei der Windkraft hat der Ansatz krachend versagt.

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Ich staune immer wieder, wie gerne die Politik von hinten durch die Brust ins Auge schießt. Ein Beispiel dafür ist die Förderung von Elektroautos oder die Abwrackprämie: Wenn wirklich saubere Luft das Ziel der ganzen Aktion ist, warum nimmt man sie dann nicht direkt ins Visier – zum Beispiel durch Grenzwerte, die regelmäßig überprüft und mit konkreten Sanktionen belegt werden? Elektroautos sind ja nicht das eigentliche Ziel, sondern nur ein Mittel zum Zweck. Wenn nun wiederum Industrieförderung das eigentliche Ziel sein sollte, warum geht man deren Probleme wie Fachkräftemangel dann nicht direkt an, indem man das Geld stattdessen beispielsweise in die Bildung steckt?

Ein anderes Beispiel ist das sogenannte "Referenzertragsmodell" bei der Windkraft, bei der Anlagen an windschwachen Standorten stärker gefördert werden als an windigen. Die Logik dahinter ist, dass die großen Stromverbraucher eher im Süden sitzen und dass dort nun mal weniger Wind weht. Eine Förderung schwacher Standorte soll dort mehr Anlagen ansiedeln und damit den Netzausbau reduzieren. So zumindest die Theorie.

In der Praxis bekamen bei der zweiten Ausschreibung zur Onshore-Windenergie genau null Anlagen in Baden-Württemberg einen Zuschlag, und nur eine in Bayern. Das Steuerungsinstrument hat offensichtlich krachend versagt. Auch hier stellt sich wieder die Frage: Warum fördert man windschwache Standorte, wenn man eigentlich etwas ganz anderes erreichen will, nämlich einen geringeren Netzausbau?

Die Monopolkommission des Bundesregierung sieht das genauso: "Da das Referenzertragsmodell höchstens zufällig zu einer Wahl von Standorten führt, die in Bezug auf einen etwaigen Netzausbaubedarf vorteilhaft ist, trägt es nicht zu einer effizienten Ansiedelung von EE-Anlagen bei, sondern führt im Gegenteil sogar zu Fehlanreizen und Ineffizienzen", schreibt die Kommission in ihrem Sondergutachten zur Energiewende. "Zudem werden Erzeuger nicht an Netzausbau- und Engpassmanagementkosten beteiligt. Daher findet keine Abwägung zwischen den Ertragsmöglichkeiten an bestimmten Standorten und den mit diesen Standorten verbundenen Netzausbaukosten statt." Die Zeche zahlten stattdessen "Letztverbraucher in Regionen, aus denen der Strom aus erneuerbaren Energien abtransportiert werden muss."

Als Lösung schlägt die Kommission vor, dass sich Energieerzeuger an den Netzausbaukosten beteiligen sollen. Dann würden die Standorte nahe an den Verbrauchern automatisch attraktiver – unabhängig davon, ob dort zufällig mehr oder weniger Wind weht. "So könnte der notwendige Netzausbau in etwa halbiert werden", schreibt die Kommission.

Ob es volkswirtschaftlich allerdings tatsächlich günstiger ist, in schwache Standorte zu investieren statt das Netz auszubauen, ist unter Experten umstritten. Der Vorschlag der Monopolkommission könnte – wenn er richtig umgesetzt wird – diese Frage immerhin klären helfen. (grh)