Neues Mittel gegen Schlangenbisse

Rein im Labor entstehen Andreas Hougaard Laustsens Gegengifte. Sein neuer Ansatz hat Vorteile und wird dringend benötigt.

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Von
  • Hanns-J. Neubert

Notstand bei den Gegenmitteln gegen Schlangengifte: Die Vorräte des wichtigsten Antivenoms "Fav-Afrique" sind fast aufgebraucht. Der Hersteller Sanofi-Pasteur hat die Produktion 2010 eingestellt, weil Billigprodukte aus Indien und Südamerika das teure Breitband-Antivenom zunehmend aus dem Markt drängten.

Doch die Ersatzpräparate wirken nur beim Gift einer einzigen Schlangenart und helfen selbst dann oft nicht, weil der Giftcocktail derselben Art in unterschiedlichen Regionen andere Zusammensetzungen hat. Was beim Biss einer Indischen Kobra anschlägt, muss noch lange nicht gegen den Toxin-Mix der afrikanischen Variante das richtige Mittel sein. Fav-Afrique dagegen hilft gegen zehn der wichtigsten Schlangengifte, darunter das von Vipern, Kobras und Mambas.

Jährlich 5,4 Millionen Menschen werden weltweit von Schlangen gebissen. Zwar sterben nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO nur zwischen 81.000 und 730.000 Menschen an den Folgen, aber dreimal so vielen müssen Gliedmaße amputiert werden.

Hoffnung auf Abhilfe bringt nun eine fünf Jahre alte Idee des Dänen Andreas Hougaard Laustsen. Der 30-jährige Ingenieur entwickelt Schlangengift-Antitoxine ausschließlich im Labor mit biotechnologischen Methoden. Bisher gewinnt man die Medikamente aus dem Blut von immunisierten Säugetieren, meist Pferden und Lamas. Doch auf diesem Weg gelangen auch Proteine in das Medikament, gegen die sich der menschliche Körper wehrt.

Der Däne Andreas Laustsen hat keine Angst vor Schlangenbissen – er hat Gegengifte auf neuer Grundlage entwickelt.

(Bild: Michael Barrett Boesen)

Die Folge sind zum Teil heftige Nebenwirkungen bis hin zu allergischen Schockzuständen. Ohne den Umweg über die Säugetiere wären die Medikamente nicht nur fast nebenwirkungsfrei. Die Herstellung wäre auch deutlich preiswerter. Dadurch könnte Laustsens Ansatz gegen die Billigkonkurrenz bestehen.

2013 gründete der Jungforscher sein Unternehmen VenomAb. Die Technische Universität Dänemark fand sein Vorhaben aber so vielversprechend, dass sie ihm auf ihrem Campus in Lyngby bei Kopenhagen eine eigene Forschungsgruppe mit 15 Mitarbeitern zur Verfügung stellte. VenomAb kümmert sich nun nur noch um die geschäftliche Weiterentwicklung.

"Im Prinzip nehmen wir ein Schlangengift, das Venom, und trennen die unterschiedlichen Toxine, die im Gift vorkommen", beschreibt Laustsen sein Vorgehen. "Im Labor können wir dann künstlich simulieren, welche menschlichen Antikörper ein spezielles Schlangentoxin unwirksam machen." Dazu nutzen die Forscher Antikörper, die bereits in großen humanbiologischen Bibliotheken an den Universitäten Aarhus und Cambridge vorhanden sind. Das sind Viruspartikel, sogenannte Virione, die man aus der DNA resistenter Patienten hergestellt hat.

Im Labor produzieren die Virionen dann die Antikörper, aus denen sich reine Antivenome gezielt für alle Schlangenvarianten fertigen lassen. In drei bis vier Jahren könnte einem Menschen das erste Antiserum aus Laustsens Produktion gespritzt werden. "Für die Zulassung ist jedoch noch viel Kommunikation mit Gesundheitsbehörden in Dänemark sowie in den Entwicklungsländern und mit der Weltgesundheitsorganisation notwendig", sagt der Ingenieur. (bsc)