Schön ist es, wenn es weg ist

Neben der Spur

Jetzt gibt es Telefone ohne Internetzugang und Trickfilm ohne Zeichner. Jabbdabbadoooo!

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Darauf muss man erst einmal kommen, aber nach dem ersten Schock und genauerem Nachlesen macht das schon alles Sinn. Samsung bringt in Südkorea und dann weltweit das Galaxy J1 Pro heraus, das deshalb so schockierend neu und toll ist, weil es nichts kann. Zumindest nicht das, was ein Smartphone heute können sollte: ins Internet gehen und dort Candy Crush für die Mama oder den Papa herunterladen. Nein, das J1 Pro kann nichts von alledem, wird Mama und Papa aber trotzdem dazu bringen, es zu kaufen, denn das Ding kann etwas, das es immer noch gibt, das aber zunehmend in Vergessenheit gerät.

Es kann telefonieren.

Und damit ist es zum einen wieder geeignet, Kinder schnell zu erreichen und mit einem "Wo bist Du, das Abendessen steht auf dem Tisch" zu nerven. Zum anderen können die kleinen Sprösslinge locker damit in die Schule gehen und verhindern, dass sie wegen der Bereitstellung von unlauteren Nachschlagewerken bei Prüfungen (Google, Papa nicht, der kann eh kein Mathe) eine Sechs kassieren.

Deshalb bietet Samsung hier auch einen Refund für das alte Smartphone an, wenn man sich das J1 Pro zulegt. Dafür werden einen dann zwar die eigenen Kinder vor allem in Südkorea hassen, aber das dient ja alles für einen besseren Zweck. Deshalb sollte es uns nicht wundern, wenn diese Reißleine vermehrt von dortigen Eltern gezogen werden könnte. Und ihre Kinder müssen dann eben angestrengt über die Schulhof stolpern und nur so tun, als würde ihr verkrampfter Daumen über dem Display doch etwas auslösen.

Wird er aber nicht.

Was die Eltern trotzdem wunderbarerweise mit abgestellt haben könnten, ist der illegale Transfer von Daten über eine von 3.300 Android-Apps, die bevorzugt Kinder ausspionieren. Das war vielleicht mit einem Blödihandy nicht intendiert, aber eröffnet auch für den Umgang mit Facebook ganz andere Dimensionen. Wer nicht jeden drittklassigen Käse in die Social-Media-Plattformen eingibt, sondern notfalls seine beste Freundin anruft, um das sooooo tolle Mittagessen akustisch zu sharen, wird vermutlich Marc Zuckerberg und Konsortien mehr Einhalt gebieten, als den Herren bewusst und recht ist.

Auf einer ganz anderen Schiene und doch irgendwie ähnlich verläuft die Entwicklung einer besonderen KI-Software, die mir meinen ganz persönlichen Kindertraum ermöglicht und damit gleich wieder zerstört. Craft kann mittels künstlicher Intelligenz und nur durch die Eingabe von Text selbständig gemalte Sequenzen der Familie Feuerstein herstellen. Endlich. Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl lassen sich so ganze Bücher in eine Umgebung aus freundlichen Dinos, Frauen mit Hochsteckfrisuren in Steinautos und Männer mit blödem Lachen umbauen.

Ich wage mir gar nicht vorzustellen, wie der "Zauberberg" von Thomas Mann endlich genießbar in Flintstone-Manier aussieht. Das nenne ich mal eine sinnvolle Anwendung von künstlicher Intelligenz. Ich liebe Euch dafür, Jungs.

Gut, die Macher geben zu, dass das bei den Feuersteins auch nicht allzu schwer ist, da es sich bei einer typischen Animation hier um einen statischen Hintergrund, immer die gleichen Figuren und die gleichen blöden Witze handelt. Also eigentlich so etwas wie ein gemaltes Press Briefing im White House. Nur dass Sarah Huckabee Sanders weitaus lustiger als der Hausdino von Fred Feuerstein aussieht ... auch wenn man sie vor allem in letzter Zeit selten mit einem Jabbadabdoo vor der Presse stehen sieht.

Zusammengefasst also: Was haben Telefone ohne Internet und eine überforderte Pressesprecher des Weißen Hauses gemeinsam? Richtig: Ihnen fehlt beiden die Verbindung zur Echtzeit und sie sind nicht witzig.