Und nun das Wetter

Mit Hilfe der Technik möchte der Mensch gern ein bißchen Gott spielen. Götter aber machen keine Fehler.

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Von
  • Peter Glaser

Immer wieder tritt der Wunsch des Menschen zutage, in schwerwiegende geophysikalische Vorgänge einzugreifen. So erreichte die Redaktion eines amerikanischen Regionalblatts anläßlich einer für bestimmte Erdgebiete zeitlich kompliziert angesetzten Sonnenfinsternis folgende Leserzuschrift: "Ich denke nicht, dass es fair ist, dass sie dort diese Sonnenfinsternis um 2 Uhr früh hatten. Manhe von uns müssen auch morgens zur Arbeit. Warum kann sowas nicht zu einem angemessenen Zeitpunkt stattfinden?"

Auch das Wetter möchte man gern manipulieren. Derzeit werden in China Vorbereitungen für einen Großversuch getroffen, um künstlich Regen zu erzeugen. Die Bewässerung soll verhindern, dass sich die Tibetanische Hochebene, bedingt durch den Klimawandel, beschleunigt in eine Wüste verwandelt, wovor die Chinesische Akademie bereits Ende 2015 gewarnt hat. Das Gebiet erwärmt sich doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt, in manchen Regionen gibt es nur einen Niederschlag von jährlich 10 cm. China hat eine eigene, in den Achtzigerjahren gegründete Behörde zur Wetteränderung, die über 30 Flugzeugen, 4000 Raketenwerfer und 7000 Flugabwehrkanonen zum Ausbringen von "Wolkenimpfungen" verfügen soll.

Mit künstlichem Regen wird schon viele Jahrzehnte experimentiert.

Der Traum der Menschen, Wetter nach Wunsch machen zu können, ist uralt. Bei den Naturvölkern gab es Regengötter, die durch Tänze und Opfer gnädig gestimmt werden sollten, damit sie es regnen ließen. Aber Regen benötigen Bauern auf der ganzen Welt. Wir sind abhängig vom Regen, um nicht zu verdursten und zu verhungern. Seit es Flugzeuge gibt, kann man tatsächlich künstlichen Regen erzeugen: auf die Wolken werden Trockeneis oder Silberjodid gestreut, da genügend Gefrierkerne zur Verfügung stehen müssen, um eine Wasserwolke zum Ausregnen zu bringen. Erst die Mischung von Eisteilchen mit unterkühlten Wasserwolken bringt den gewünschten Niederschlag.

"Vor einigen Jahren war der Beruf des "Regenmachers" nach dieser Methode in den weiten Farmgebieten der USA eine lohnende Tätigkeit", verzeichnete bereits im Jahre 1959 ein Beitrag in dem Sammelalbum "Die Welt von morgen" des Nudelherstellers Birkel. "Man brauchte sich nur ein Flugzeug zu chartern und Trockeneis (feste Kohlensäure) über Wolken abzurieseln. Es gab auch Scharlatane, die es regnen lassen wollten, wenn keine Wolken am Himmel standen! Ihre Zeit ist jetzt aber vorbei, seitdem jeder Farmer vom LKW aus mit einem eigenen "Wetter-Generator" Gefrierkerne in Form von Silberjodid in die Wolken schießen kann. Das geschieht über einen Heißluftstrom, der das erforderliche Silberjodid viele Kiometer hoch in die Wolken trägt."

Die Zukunft kristallisierte damals auch in einer Zahl – dem Jahr 2000. Es wurde als Wendepunkt ausgemacht, ab dem der Mensch mit Schwebegleitern durch Kuppelstädte fahren und in Mondkolonien leben würde. In der Nachkriegszeit hatte sich der Himmel von einem religiösen in ein technisches Problem verwandelt, das vermittels der bemannten Raumfahrt gelöst werden sollte. Auch das Energieproblem war quasi bereits gelöst. Professor Heinz Haber, Pionier des Wissenschaftsjournalismus, veröffentlichte zusammen mit Walt Disney 1958 das Buch Unser Freund, das Atom. Auf damaligen Architekturentwürfen haben die Häuser von morgen riesige Glaswände und sind dank Atomenergie mühelos zu beheizen.

In dem Birkel-Sammelalbum wird auch erörtert, das antarktische Eis durch riesige Brennspiegel in der Erdumlaufbahn abzuschmelzen und dort eine Urlaubsregion entstehen zu lassen. Dass die Schnapsidee ein gutes halbes Jahrhundert später durch die Folgen des Klimawandels tatsächlich umsetzbar scheint, war allerdings nicht geplant.

(bsc)