Waffen aus dem 3D-Drucker: US-Regierung macht den Weg frei

Obwohl sie vor Gericht bislang sehr erfolgreich war, will die US-Regierung nicht mehr gegen Baupläne für Waffen im Netz vorgehen.

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Waffen aus dem 3D-Drucker: US-Regierung zieht Klage zurück

(Bild: Defense Distributed)

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In dem Rechtsstreit um die Verbreitung von 3D-Druckdateien für eine Waffe hat sich die Gruppe Defense Distributed rund um Cody Wilson überraschend durchgesetzt. Wie Wired berichtet, hat das US-Justizministerium eine gütliche Einigung angeboten, die Wilsons Argumentation größtenteils folgt. Obwohl Wilson mehrmals vor Gericht gescheitert war, kann er nun seine geplante Online-Datenbank zu Waffen einrichten. Nur Kriegswaffen sollen ausgenommen werden – dazu zählt die US-Regierung aber nicht einmal Sturmgewehre wie das AR-15. Nicht unerheblich für den Stimmungswandel in Washington war demnach der Regierungswechsel.

2013 hatte Wilsons Gruppe Defense Distributed die weltweit ersten Dateien für den 3D-Druck einer kompletten Waffe online gestellt. Mit den Plänen ist es möglich, eine scharfe Pistole mit einem handelsüblichen 3D-Drucker nahezu komplett aus Kunststoff herzustellen. Lediglich für den Schlagbolzen wird ein einfacher Nagel aus dem Baumarkt benötigt. Die Waffe ist daher auch kaum durch Metalldetektoren aufzuspüren. Nur wenige Tage später war der Bauplan auf Bitten der Behörden hin wieder aus dem Netz genommen worden. In der Folge lieferte sich Wilson einen Rechtsstreit mit der Abteilung für die Kontrolle des Waffenhandels im US-Außenministerium.

Die damals noch Barack Obama geführte US-Regierung war der Überzeugung, dass schon die Verfügbarmachung der Baupläne im Internet die Regeln zur Exportkontrolle für Waffen ITAR (International Traffic in Arms Regulations) verletzt. Dieser Einschätzung folgte zuletzt im September 2015 ein Berufungsgericht.

Waffen aus dem Hobbykeller

Die boomende internationale Maker-Bewegung besteht nicht nur aus Bastlern, Künstlern und Weltverbesserern – auch krypto-anarchistische Gruppen zählen sich dazu. Diese wollen staatliche Machtmonopole abschaffen, unter anderem auf dem Weg über technische Mittel wie billige 3D-Drucker und CNC-Fräsen. So verbreitet etwa die US-Gruppe "Defense Distributed" in Namen dieser Ideologie Werkzeuge, Open-Source-Druckvorlagen und Bauanleitungen für Eigenbau-Schusswaffen ohne staatliche Kontrolle. In Deutschland ist die Herstellung jedes einzelnen wesentlichen Teils einer Waffe verboten, sofern man nicht über eine "Waffenherstellungserlaubnis" verfügt. Die besitzen beispielweise professionelle Büchsenmacher. Bei Make und heise online berichten wir bereits seit längerem über die Waffenherstellung, weil wir davon überzeugt sind, dass sich Politik und Gesellschaft mit solchen neuen Gefahren auseinandersetzen muss. Wir rufen in keiner Weise zum Eigenbau von Schusswaffen auf und liefern auch keine Bauanleitungen dazu.

Doch im Hintergrund wurden dann die Weichen für einen Richtungswechsel gelegt. So könnte eine ITAR-Reform Obamas einen Anteil haben, schreibt Wired. Es liegt aber nahe, dass der Regierungswechsel schließlich den entscheidenden Anstoß gegeben habe. "Ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse", zitiert das Magazin dazu Wilsons Anwalt.

Wilson hatte sich darauf berufen, dass verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Redefreiheit ihm die Veröffentlichung der Waffenpläne erlaubt. Hatten die Gerichte ihm noch widersprochen, so gibt ihm das Justizministerium nun offenbar Recht. Wilson selbst sieht in der Auseinandersetzung eine Wiederholung der Crypto Wars der 1990er Jahre. Damals war PGP-Erfinder Phillip Zimmermann vorgeworfen worden, mit seiner Verschlüsselungstechnik gegen die Waffenexportkontrolle zu verstoßen. Zimmermann weist den Vergleich bei Wired zurück, immerhin seien den Daten, um die es nun geht und die juristisch wieder als Waffen behandelt werden diesmal tatsächlich Waffen.

Defense Distributed ficht das nicht an, dort hat man schon weitergehende Pläne. Nicht nur soll ein Internetportal entstehen, auf dem Nutzer Baupläne für praktisch alle Schusswaffen hochladen können. Dabei geht es nicht nur um selbst entworfene wie die zur Pistole "Liberator", sondern auch Scans und Baupläne von existierenden Waffen. Die Gruppe baut außerdem an einer eigenen Bibliothek. Sollte die als solche bundesstaatlich anerkannt werden, hätte sie Anrecht auf einen Zugang zum umfangreichen Archiv mit Aufzeichnungen der US-Armee zu allen Schusswaffen. Das soll dann ebenfalls digitalisiert und ins Netz gestellt werden. Wenn dann noch jemand gegen die Veröffentlichung vorgehen will, müsse er eine Bibliothek angreifen, warnt Wilson.

Gegenwärtig verdient seine Gruppe Geld mit einer CNC-Fräse namens "Ghost Gunner". Damit lassen sich aus Aluminium jene Teile einer Schusswaffe fräsen, die in den USA unter das Waffenrecht fallen. Den Rest können die Nutzer kaufen und sich so ihre eigenen Schusswaffen ohne Seriennummern herstellen. Die dazu nötigen Aluminium-Rohlinge liefert Defense Distributed auf Wunsch mit. Sie sind zu 80 Prozent fertiggestellt. Ihnen fehlen lediglich noch einige Bohrungen und ein präzise ausgeformter Abzugsschacht. (mho)