Kurz bei Merkel

Kurz schenkt Merkel ein. Foto: Bundeskanzleramt.at

Die beiden Regierungschefs betonen ihre Zustimmung zum Frontex-Ausbau, lassen aber offen, was das konkret bedeuten soll

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Gestern traf der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz in Berlin die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anlass für das Treffen war die Vorbereitung eines für Mittwoch und Donnerstag angesetzten informellen EU-Gipfels in Salzburg. Die beiden Regierungschefs meinten in ihrem gemeinsamen Pressestatement zu ihrem Treffen, auf diesem informellen Gipfel werde lediglich über einen "Fahrplan bis zur Europawahl im Mai 2019" geredet; Beschlüsse seien nicht zu erwarten.

Außerdem betonten Kurz und Merkel, sie würden die Vorschläge des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zur "Stärkung" der EU-Grenzschutzagentur Frontex befürworten. Was diese Stärkung abgesehen von einer personellen Aufstockung konkret bedeuten soll, ist allerdings noch weitgehend offen und kann viel heißen - von der Abschaffung des nationalen Grenzschutzes zugunsten eines europäischen, der eher durchlässt als abhält (wie der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán befürchtet), bis hin zu einem Modell, bei dem die Asylanträge gleich auf dem Meer bearbeitet werden (wie es sich der österreichische Innenminister Kickl erhofft). Mehr Klarheit dazu konnte auch die Pressekonferenz von Merkel und Kurz nicht schaffen, weil Fragen nicht zugelassen waren.

EU-Afrika-Gipfel in Wien

Ein weiteres Thema, über das der österreichische Kanzler und die deutsche Kanzlerin sprachen, war der EU-Afrika-Gipfel, der im Dezember in Wien stattfinden soll. In diesem Zusammenhang forderte Merkel eine "Arbeitsteilung" unter den EU-Mitgliedsländern bei der "Beschäftigung" mit afrikanischen Ländern. So eine "Arbeitsteilung" wurde (wenn man so will), schon einmal vereinbart: auf der Berliner Kongokonferenz vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885.

Nach dem Treffen mit Kurz reiste Merkel heute allerdings nicht etwa in die ehemalige deutsche Kolonie Tansania (wo Staatspräsident Magufuli gerade dazu aufrief, keine (sic) Geburtenkontrolle zu betreiben), sondern ins ehemals französische Algerien, von wo eine Problemgruppe der Migranten in Deutschland stammt.

Morgen will sie wieder zurück in Berlin sein und den Informationen des Welt-Autors Robin Alexander nach offiziell bekannt geben, dass der deutsche Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen abgelöst werden soll. In Sozialen Medien spekuliert man deshalb, ob Innenminister Horst Seehofer, der Maaßen bislang stützte, die Gelegenheit nutzen wird, die Koalition platzen zu lassen und seine CSU zu retten, der bei der anstehenden Landtagswahl in Bayern das schlechteste Ergebnis seit 1950 droht.

Kurz flog von Berlin aus nach Paris weiter, wo er sich heute mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron trifft. Auch hier geht es vor allem um die Migrationspolitik: Beide Politiker sind zwar für die Einrichtung von Asylzentren - aber während sie Macron in Europa einrichten möchte, schwebt Kurz ein afrikanisches Land vor.

Den Ägypter Abdel Fattah al-Sisi, der Präsident eines der dafür potenziell in Frage kommenden Länder ist, hatte Kurz am Sonntag zusammen mit dem EU-Rats-Präsident Donald Tusk getroffen. Dabei ging es um ein Gipfeltreffen zwischen der EU und mehreren (nicht näher konkretisierten) arabischen Ländern, das Anfang 2019 in Ägypten stattfinden und unter anderem die illegale Migration zum Thema haben soll.

Artikel-Sieben-Verfahren gegen Ungarn

Anlass von Medien- und Oppositionsspekulationen war, ob Merkel und Kurz in Berlin auch über das letzte Woche vom Europaparlament angestoßene Artikel-Sieben-Verfahren gegen Ungarn sprachen (was offen blieb). Kurz hatte sich vor der Abstimmung (für viele Beobachter überraschend) für so ein Verfahren ausgesprochen, dann aber betont, es gehe lediglich um "Vorwürfe und Anschuldigungen", die man sich "anschauen" müsse.

Sein freiheitlicher Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat die österreichische Außenministerin Karin Kneissl trotzdem damit beauftragt, dafür zu sorgen, dass der juristische Dienst des EU-Rates die der Verfahrenseinleitungsaufforderung zugrunde liegende Abstimmung im EU-Parlament überprüft.

Bei dieser Abstimmung hatten 448 EU-Abgeordnete der insgesamt 751 Abgeordneten für und 197 gegen eine Verfahrenseinleitung gestimmt. Weitere 48 hatten sich enthalten; 58 waren nicht anwesend. Deshalb ist strittig, ob die erforderliche Zweidrittelmehrheit tatsächlich zustande kam (vgl. Artikel-Sieben-Verfahren gegen Ungarn: Wie geht es weiter?).

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