Hambach und die Kommission: Der Kampf um die Kohle

Bild: "Hambi Bleibt!" - hambacherforst.org. Waldbesetzung: "Das höchste Baumhaus im Wald ist 25 m hoch."

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Jahrtausendereignissen, extremen volkswirtschaftlichen Schäden, einem absurden Polizeispektakel, einem blockierten Kraftwerk und einem Kompromiss, der keiner ist

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die tropischen Wirbelstürme in Ostasien und Nordamerika, "Mangkhut" und "Florence", haben sich inzwischen aufgelöst, doch die Aufräumarbeiten haben gerade erst begonnen. Wenn überhaupt. Im US-Bundesstaat North Carolina wird man noch länger warten müssen, bis das Wasser abfließt.

Dort haben die Flutwellen in den Flüssen meist erst am Dienstag ihren Höhepunkt erreicht. Bis zu 1.000 Millimeter Niederschlag hatte es seit Donnerstag gegeben, berichtete am Montag die Nachrichtenagentur Reuters, als der Regen noch anhielt. Erst in der Nacht zum Dienstag ebbte er langsam ab.

1.000 Millimeter, das sind 1.000 Liter pro Quadratmeter oder eine Wassersäule von einem Meter Höhe. Zum Vergleich: In Berlin Tempelhof fallen im Durchschnitt im ganzen Jahr bloß 595 Millimeter Niederschlag, und auch im etwas feuchteren München sind es am Flughafen im Mittel nur 835 Millimeter. Nachlesen lassen sich diese Daten unter anderem hier im Wetterkontor.de.

Derartige Niederschläge lassen Bäche und Flüsse über die Ufer treten, und entsprechend sind in North Carolina ganze Städte von der Außenwelt abgeschnitten und müssen eventuell demnächst aus der Luft versorgt werden. Zeitweise war für über eine Millionen Haushalte die Stromversorgung zusammengebrochen. Hunderttausende werden Wochen warten müssen, bevor sie wieder ans öffentliche Netz angeschlossen sind.

US Today schreibt, dass es bis zu zwei Wochen dauern könne, bis die Wassermassen aus den Bergen und vom überschwemmten Land abgeflossen sind. Betroffen seien auch Teile Virginias, und in den Apalachen müsse mit abrutschenden Hängen gerechnet werden. Die Zahl der Todesopfer liege inzwischen bei 32.

Der Meteorologe Bob Henson beschreibt den Niederschlag über weiten Teilen North Carolinas und der angrenzenden Region South Carolinas auf der Platform Weather Underground als ein Ereignis, wie es nur alle tausend Jahre vorkommt.

Wie schon der letztjährige Tropensturm "Harvey" über Texas hat "Florence" seine verheerende Wirkung nicht wegen seiner Stärke, sondern wegen der Langsamkeit entwickelt. Dadurch, dass er sich tagelang über North Carolina kaum vom Fleck bewegte und zugleich große Mengen feucht-warmer Luft vom nahen Meer ansaugte, kamen erst diese gewaltigen Niederschlagsmengen zustande.

Begünstigt wurde dies auch durch überdurchschnittlich hohe Wassertemperaturen vor der Ostküste der USA und nahezu dem ganzen mittleren Nordatlantik.

Milliardenschäden

Auch im westlichen Pazifik, über den am Wochenende Taifun "Mangkhut" fegte, sind die Wassertemperaturen derzeit überdurchschnittlich. Das machte "Mangkhut" zum bisher stärksten tropischen Wirbelsturm 2018 mit nachhaltigen Windgeschwindigkeiten von zeitweise bis zu 230 Kilometern in der Stunde.

Auf den Philippinen gab es mindestens 65 Todesopfer, schreibt Asia Times Online. Einige Dutzend weitere könnten aber noch hinzukommen, da noch nicht alle Opfer eines Bergrutsches im Nordosten des Landes geborgen seien. Auf dem Archipel wurde auch ein erheblicher Teil der Reisernte zerstört.

Der Schaden könne fünf bis sechs Prozent des philippinischen Bruttoinlandsproduktes betragen - 16 bis 20 Milliarden US-Dollar. Er könnte aber auch noch deutlich höher ausfallen, zitiert das Internetmagazin einen Finanzexperten. In Hongkong und auf dem chinesischen Festland, die zu Beginn der Wochen von "Mangkhut" heimgesucht wurden, schätzen Ökonomen den Schaden vorläufig auf über 50 Milliarden US-Dollar, was für die dortige Ökonomie allerdings deutlich leichter zu verkraften sein dürfte.

Hambacher Forst: Räumung geht weiter

Derweil kämpft im Hambacher Forst weiter ein Polizeiaufgebot von zeitweise über 3.000 Beamten für den Brandschutz, den die nordrhein-westfälische Landesregierung nach sechs Jahren Besetzung plötzlich entdeckt hatte. Dabei können auch schon mal kleine Brände entstehen, die dann mit dem Wasserwerfer gelöscht werden müssen, aber das ist eher nebensächlich.

Dass es tatsächlich um den Schutz der Bewohner der Baumhäuser geht, glaubt vermutlich sowieso keiner. Aber offensichtlich hatte die schwarz-gelbe Regierung in Düsseldorf keinen anderen Weg gefunden, den Wald noch vor Rodungsbeginn räumen zu lassen.

Alle Versuche, es über Hausfriedensbruch oder ähnliches zu versuchen, waren zuvor von den Gerichten abgewiesen worden. Und nun kann man sogar im Namen des Brandschutzes schon mal eine ganze Reihe Bäume und manches Unterholz noch innerhalb der Wachstumsperiode beseitigen, in der Rodungen eigentlich verboten sind.

In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde dazu sogar eine Nachtschicht eingelegt, wie die Besetzer auf ihrem Blog berichten. Dort finden sich auch Links zu Videostreams aus dem Wald. Die Räumung dauerte auch am Dienstagabend weiter an.

In diversen Städten gab es in den letzten Tagen Solidaritätsaktionen mit den Besetzern des Hambacher Forstes wie etwa auch in Pödelwitz, südlich von Leipzig. Das Dorf liegt an der Kante eines Tagebaus und ist von Zwangsenteignung und Zerstörung bedroht. Dort will die Mibrag den Tagebau "Vereinigter Schleenhain" und dafür das 700 Jahre alte Dorf abreißen.

Die Dürre diesen Sommer in Deutschland und die derzeitigen Riesenstürme in anderen Teilen der Welt zeigen, wie die Klimakrise aussieht. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein uralter Wald für Braunkohle abgeholzt werden soll, obwohl diese Deutschlands größter Beitrag zum Klimawandel ist. Pödelwitz droht das gleiche Schicksal, hier will die MIBRAG für die Kohle ein 700 Jahre altes Dorf zerstören, sogar ohne rechtliche Grundlage. Deshalb wollen wir den vielen Protestierenden im Rheinland sagen: Wir kämpfen mit euch!"

Ilana Krause, Bündnis "Pödelwitz Bleibt"

Am Samstag hatten sich mehr als 20 Aktivisten, die auf Twitter unter dem Pseudonym ZuckerimTank über ihre Aktionen berichten, im Kraftwerk Niederaußem an Förderbänder und Kohlebagger gekettet und so den Betrieb nach eigenen Bekunden für sieben Stunden behindert. Die Aktion war als Protest gegen die Räumung des Hambacher Forstes gedacht.

Nach Darstellung der Gruppe habe das Kraftwerk auf nur 21 Prozent seiner Leistung heruntergefahren werden müssen. Wenn das stimmt, müssen einige der neun Blöcke ganz vom Netz gegangen sein, denn Braunkohlekraftwerke sind nicht beliebig regelbar.

Niederaußem gehört RWE, steht im rheinischen Braunkohlerevier und ist einer der Abnehmer der Kohle aus dem Tagebau Hambach.