Wir sind die Roboter

Kraftwerk hatte Recht: Menschen, die sich wie Maschinen verhalten, denken auch so.

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Ich liebe Science Fiction. Eigentlich eher die intelligentere Variante mit komplexen Charakteren, einer Geschichte, die diesen Namen auch verdient, und gerne auch mit einem gesellschaftlichen Spin. Manchmal darf es aber auch einfach buntes Popcorn-Kino sein. Was mich in vielen Space-Operas aber schon immer ein wenig befremdet hat: Warum lassen sich die erkennbar gut ausgerüsteten und zahlenmäßig weit überlegenen Truppen der Schurken – zum Beispiel die "Imperialen Sturmtruppen" bei Star Wars – so leicht über den Haufen schießen?

Darauf hat die Forschung jetzt öglicherweise eine interessante Antwort: Leia Stirling und Kollegen vom MIT haben herausgefunden, dass Menschen, die Exoskelette tragen zwar körperlich leistungsfähiger sind, geistig dafür aber mindestens einen Gang runterschalten.

Kling nach SF, ist es aber nicht: Stirling und ihre Kollegen rüsteten zwölf Freiwillige mit Exoskeletten für das Knie aus – die Modelle sind kommerziell erhältlich – die den Probanden zum Beispiel erlauben stundenlang mit schwerem Gepäck in schwerem Gelände zu klettern. Die Versuchspersonen durften die Handhabung der Exoskelette einen Tag lang trainieren und wurden anschließend mit einem bis zu 40 Kilogramm schweren Rucksack auf einen Hindernisparcours geschickt.

Dort mussten sie drei Tests absolvieren: Als Reaktion auf ein Lichtsignal auf einen Knopf drücken, auf einen Funkspruch antworten und schließlich einen kurzen Bericht von drei Soldaten, die eine unterschiedliche Zahl von gesichteten Feinden melden, korrekt zusammenfassen. Sieben von zwölf Freiwilligen zeigten dabei eine erhebliche Verschlechterung der Performance.

Warum genau das so ist, darüber rätseln die Forscher noch. Sie vermuten, dass es nicht unbedingt die Schwierigkeit bei der Steuerung der Exoskelette ist, die die Probanden abgelenkt hat. Schließlich hatten sie ja Zeit, mit dem Gerät zu trainieren. Vielmehr könnten es sein, dass die Exoskelette nicht flüssig genug auf Änderungen der Geschwindigkeit und Richtung reagieren – und ihre Nutzung deshalb zuviel Aufmerksamkeit kostet.

Ich würde ja vermuten, dass die Antwort noch ein bisschen grundsätzlicher ist: Anhänger der so genannten "Embodied Artificial Intelligence" – hauptsächlich Robotiker – versuchen seit rund 30 Jahren herauszufinden, warum Maschinen bei Aufgaben, die Menschen ganz leicht fallen, immer noch so schlecht sind – zum Beispiel beim Gehen oder Laufen.

Ihre These: Intelligente Roboter sollten einen Teil ihrer kognitiven Leistung beim Bewegen einfach in den Körper auslagern. Das machen nämlich auch Lebewesen so – der Unterschenkel des Menschen etwa schwingt beim Gehen rein mechanisch zurück, da müssen wir nicht drüber nachdenken (ausführlich nachlesen kann man das zum Beispiel in dem Buch: "How the body shapes the way we think" von Rolf Pfeifer und Josh Bongard).

In dem Moment, in dem eine Maschine uns aber etwas andere Bewegungen aufzwingt, kommt unsere bewusste Steuerung ins Spiel – wir fangen an, Bewegungen mit dem Großhirn zu steuern, wie ein Roboter, dessen Controller jeden Motor einzeln anspricht. Wenn wir versuchen, uns wie Maschinen zu bewegen, werden wir selbst maschinenähnlicher.

(wst)