Intels neuer Anlauf mit "Sunny Cove", Gen-11-GPU und Chiplets

Ab 2019 will auch Intel Prozessoren aus mehreren Chiplets zusammensetzen, darunter 10-nm-CPUs mit leistungsfähigerer "Sunny Cove"-Mikroarchitektur.

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Intels neuer Anlauf mit "Sunny Cove", Gen-11-GPU und Chiplets

Sunny Cove, Willow Cove und Golden Cove heißen Intels kommende Mikroarchitekturen

(Bild: Carsten Spille/c't)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Journalisten und Analysten verkündete Intel seine Pläne für 2019, denn das Unternehmen steht wegen Lieferschwierigkeiten bei Prozessoren und Zweifeln an der 10-Nanometer-Fertigungstechnik unter Druck. Auf dem "Architecture Day 2018" kündigte Intel mehrere konkrete Neuerungen für 2019 an, darunter die CPU-Mikroarchitektur Sunny Cove, die nächste Grafikprozessor-Generation Gen11 sowie eine Fertigungs- beziehungsweise Fügetechnik namens Foveros. Dabei setzt Intel, genau wie AMD bei der nächsten Epyc-Generation, auf Chiplets.

Bei einem System-on-Chip (SoC) sitzen alle Funktionsblöcke – CPU- und GPU-Kerne, Caches, Speicher-Controller, Video-Decoder, PCI Express Root Complex – auf einem einzigen Silizium-Die. Alle Komponenten dieses "monolithischen" Chips müssen sich mit derselben Fertigungstechnik herstellen lassen und das Die fällt recht groß aus, was sich negativ auf die Ausbeute guter Chips auswirkt.

Setzt man einen Chip hingegen aus einzelnen Chiplets zusammen, sind diese jeweils kleiner und können verschiedenen Fertigungsverfahren entstammen. AMD kombiniert beispielweise 14- und 7-nm-Technik, Intel will 22- und 10-nm-Technik zusammenfügen.

Intel hat bereits Erfahrungen mit Kombichips, ein Beispiel ist Kaby Lake-G, also die Kombination aus Intel-CPU und AMD-GPU. Für FPGAs setzt Intel auch das EMIB-Verfahren ein, bei dem ähnlich wie bei AMDs Vega-GPUs mehrere Chiplets auf einem gemeinsamen Silizium-Interposer sitzen.

Intel Architecture Day 2018: Sunny Cove, Foveros & Co. (5 Bilder)

2019 kommen Intel-Prozessoren mit Foveros-Technik
(Bild: Carsten Spille/c't)

Beim Foveros-Verfahren will Intel nun auch Chiplets stapeln (Stacking), also etwa schnelles DRAM mit sehr vielen einzelnen Leitungen direkt anbinden. Den Basis-Chip will Intel bei den ersten Foveros-Produkten mit einem 22-nm-Verfahren für besonders sparsame Transistoren fertigen.

Außerdem will Intel den "richtigen" Interconnect entwickeln, um Chips und Chiplets auf einem Träger zu verschmelzen, damit sie in Bezug auf Transferraten und Latenzen einem monolithischen System-on-a-Chip nicht nachstehen.

Erste 10-nm-Prozessoren aus der Fertigungstechnik "1274" hatte Intel zuletzt für Ende 2019 versprochen. Bisher ging man davon aus, dass es sich dabei um CPUs mit der Mikroarchitektur Ice Lake handelt. Nun spricht Intel von Sunny Cove. Durch Erweiterung der Recheneinheiten soll Sunny Cove mehr Daten pro Taktzyklus verarbeiten und auch hohe Singlethreading-Performance sicherstellen. Intel verspricht einen neuen Befehlssatz (ISA).

Sunny Cove ist "breiter" ausgelegt als Skylake.

(Bild: Intel)

Intel hat dafür erstmals seit Skylake 2015 tiefer in die Architektur eingegriffen. Außer dem um 50 Prozent auf 48 KByte vergrößerten Daten-Cache sind auch die übrigen Speicherressourcen vergrößert worden. Darunter der Reorder Buffer, Load-/Store-Buffer, die Reservation Stations, der Mikro-Op-(µOP-)Cache und der 2nd-Level Translation Lookaside Buffer (TLB). Damit lassen sich das Fenster für die leistungssteigernde Out-of-Order-Ausführung weiter öffnen und mehr parallele Instruktionen aus dem Datenstrom in Bearbeitung halten. Auch den L2-Cache hat Intel vergrößert, da er aber produktspezifisch ist, gibt es hier nicht einmal relative Angaben.

In die Breite ging es bei den Ausführungseinheiten. Die Allokation kann nun fünf anstelle von vier Einheiten bedienen und es gibt zehn Execution Ports. Vier davon (Ports 0, 1, 5 und 6) sind nach wie vor für die Ausführungseinheiten selbst reserviert. Die Datenspeicherung bekommt eine eigene Reservation Station, wird also unabhängiger und kann doppelt soviele Daten pro Takt wegschreiben. Auch die Speicheradresseinheiten (AGUs) sind von drei auf vier gewachsen, je zwei für Loads und Stores; Skylake durfte nur einmal Speichern.

Sunny Cove bekommt aber auch mehr Puffer, darunter größere Caches.

(Bild: Intel)

Auch ein paar Spezialtransistoren hat Intel noch eingebaut. Unter anderem für Kryptographie, Komprimierung oder Vektorbitmanipulationen. Eine Demo mit dem Packer 7-zip lief über 70 Prozent schneller als auf Skylake.

Der Sunny-Cove-Nachfolger heißt Willow Cove. Schon 2021 soll dann Golden Cove mit noch mehr Singlethreading-Performance und Verbesserungen für KI-Algorithmen, Netzwerk und Sicherheit kommen.

Bei den Atoms und Atom-Celerons ist derzeit Gemini Lake mit der Mikroarchitektur Goldmont+ aktuell. Die Nachfolger heißen Tremont und Gracemont. Ungefähr 2022 kommt dann ein "nächster ...mont". Ziel ist auch hier höhere Singlethreadring-Performance. Damit will sich Intel möglicherweise gegen ARM-Attacken auf lüfterlose Notebooks wappnen, also gegen den Qualcomm Snapdragon 8cx beziehungsweise ARM Cortex-A76.

Der von AMD zu Intel gewechselte Raja Koduri stellte die kommende Gen11-GPU vor. also die Nachfolgerin für Intels Ultra HD Graphics.

Mit 64 Execution Units soll die Standard-Ausbaustufe mehr als doppelt soviel Leistung freisetzen wie derzeit in Coffee Lake (24 EUs). Die IGP ist dabei in vier sogenannte Slices mit je zwei Subslices aufgeteilt und bekommt zwei PIxel Pipes mit Z-/Color-Caches. Insgesamt soll 1 TFlops an FP32-Leistung möglich sein, das Doppelte mit reduzierter Präzision (FP16). Optional wird es einen Tile-Based-Rendering-Pfad geben.

Damit die Leistung nicht an Speichermangel verpufft, ist der L3-Cache auf 3 MByte vervierfacht worden und auch die Anbindung an den Ringbus via GTI ist nun mit 64 Byte/Takt doppelt so schnell wie zuvor – fehlt noch das Speichersubssystem, um dieses kleine Monsterchen zu bedienen.

Auch ein paar kleine Rendertricks wie Coarse Pixel Shading (ähnlich Nvidias Technik in Turing) inklusive Radial Fall-Off beherrscht die IGP. Das steigert die Leistung in typischen Fällen um bis zu 40 Prozent, indem für definierbare Bildbereiche Pixelshader nur für Pixelgruppen ausgeführt werden.

Die Gen11-GPU soll auch Adaptive Sync für geschmeidigeren Bildaufbau unterhalb von 60 Hz bringen sowie Hi-Res-Support, wohl bis zur 8K-Auflösung.

Abermals betonte Intel, dass 2020 ein eigener, diskreter Grafikchip kommen soll.

Hinweis: Intel bezahlte Flug und Hotel für c't-Redakteur Carsten Spille. (ciw)