Initiative für übergreifenden KI-Campus in Berlin angeblich vorerst geplatzt

Mehrere Partner wie DFKI, Google, Telekom & SAP arbeiteten an einem KI-Forschungszentrum in der Hauptstadt, doch das Vorhaben ist erst einmal gescheitert.

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Initiative für übergreifenden KI-Campus in Berlin angeblich vorerst geplatzt

(Bild: heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Aus einer umfassenden Initiative für ein Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz (KI) in Berlin wird erst einmal nichts. Die Idee für einen solchen unternehmensübergreifenden Campus in der Hauptstadt mit großen Namen aus der internationalen Hightech-Branche sei zunächst vom Tisch, berichtet der Tagesspiegel. Die Beteiligten sind sich demnach wohl vor allem nicht einig geworden, wie schnell das Vorhaben umgesetzt werden sollte.

Der Leiter der Forschungs- und Entwicklungseinheit T-Labs der Deutschen Telekom, John Calian, bestätigte dem Tagesspiegel, dass es seit Sommer Gespräche zwischen der Telekom, SAP, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und Google gegeben habe. In dem Zentrum sollte demnach vor allem zu ethischen und gesellschaftlichen Fragen im Umgang mit der Technik geforscht und debattiert werden. Dieses Thema treibt derzeit in Berlin etwa auch die Enquete-Kommission des Bundestags für Künstliche Intelligenz sowie die Bundesregierung um.

Airbus und die Deutsche Bahn sollen ebenfalls an einer Zusammenarbeit im Rahmen des KI-Campus interessiert sein. Offizielle Gründe für das vorläufige Scheitern des Projekts nannte Calian nicht. Nach Informationen von heise online waren Google-Vertreter bei Treffen der Interessengruppe dabei. Hiesige KI-Experten der Kalifornier haben die Gespräche offenbar vor allem als Brainstorming-Runde angesehen, aus denen wenig Konkretes hervorging. SAP und die Telekom sollen den Vorschlag dagegen ernster genommen haben.

Google verfolgt in der Hauptstadt eventuell eigene Pläne in Richtung KI. Nachdem der US-Internetkonzern jüngst seinen Plan für ein Gründerzentrum in Kreuzberg aufgrund des Widerstands von Gentrifizierungsgegnern aufgegeben hat, eröffnet er am Dienstag mit Unternehmenschef Sundar Pichai einen neuen Standort in der ehemaligen Universitäts-Frauenklinik am Spreeufer unweit des Regierungsviertels. Bisher beschäftigte Google in einem "Verbindungsbüro" Unter den Linden rund 130 Mitarbeiter, darunter vor allem Lobbyisten, Juristen und Vermarkter. An der neuen Niederlassung ist Platz für etwa 300 Fachleute. So sollen auch mehr Techniker nach Berlin kommen.

Damit gibt es Spekulationen, dass Google in Berlin in Eigenregie einen neuen Schwerpunkt auf KI legen will. Derzeit ist der Hauptsitz für die Forschung der Firma rund um KI in Europa in Zürich. Dem Vernehmen nach könnten aus der Schweiz nun einige Forscher zu Robotik und Spracherkennung ins neue Berliner Haus wechseln. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) wirbt bereits für den Standort: Die Metropolregion biete mit zahlreichen exzellenten Forschungseinrichtungen, qualifizierten Talenten und einem "einzigartigen Innovations-Ökosystem" beste Voraussetzungen für das Thema KI.

Facebook unterstützt derweil Forschung zu ethischen Fragen rund um Künstliche Intelligenz in München mit 7,5 Millionen Dollar über fünf Jahre. Das Geld soll in eines neues, unabhängiges Institut in Partnerschaft mit der TU vor Ort fließen. Für das DFKI und die bisherigen deutschen Interessenten für ein KI-Campus in der Hauptstadt könnte dies ein Anstoß sein, ihr Vorhaben doch noch voranzutreiben. Das Forschungszentrum unterhält in Berlin aktuell nur ein Büro zusätzlich zu größeren Standorten in Saarbrücken, Kaiserslautern und Bremen. Nun gibt es Überlegungen, dieses zumindest aufzuwerten und eventuell noch Partner ins Boot zu holen. (anw)