OOP 2019 – Eine Konferenz erfindet sich neu

Unter dem Motto "Care for the Future" eröffnete die ″Konferenz für Softwarearchitektur″ von 21. bis 25. Januar in München traditionell die Saison der Entwicklerkonferenzen.

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OOP 2018: Renaissance der Softwarearchitektur
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Lars Röwekamp
Inhaltsverzeichnis

Wer die OOP als leicht angestaubte Konferenz für Architekten aus dem Elfenbeinturm in Erinnerung hat, der wurde in diesem Jahr eines Besseren belehrt. Bereits seit einigen Jahren sind die Macher der OOP darum bemüht, die Konferenz neu zu erfinden und setzen dabei auf eine Mischung aus eher traditionellen und zeitlosen Themen wie Softwarearchitektur oder Qualitätsmanagement, und aktuellen Trends wie Business Agility, Digitalisierung oder Real Artificial Intelligence.

Entsprechend ausgeglichen und gleichzeitig vielseitig präsentierte sich das Konferenzprogramm der OOP 2019 mit seinen verschiedenen Tracks und Schwerpunktthemen, die von Business Agility und Distributed Ledgers & Crypto Platforms über Smart Software Architecture und Testing & Quality bis zum "Signature Track: The future is Already Here…" reichten.

Mehr Infos

Tracks & Schwerpunktthemen der OOP 2019

  • Business Agility
  • Distributed Ledgers & Crypto Platforms
  • Enterprise Architecture Driving Digital
  • Modern Architecture
  • Modern Programming
  • Real Artificial Intelligence
  • Smart Software Architecture
  • Social Integration
  • IT Society & Future Evolution
  • Testing & Quality
  • Trends & Techniques
  • User Experience & Product Discovery
  • Signature Track: The future is Already Here…

Das neue Konzept scheint aufzugehen, wie die Kennzahlen belegen. Laut Veranstalter hielten sich die Teilnehmerzahlen auf dem hohen Niveau des Vorjahres – allein im Rahmen der Ausstellung waren gut 2300 Besucher vor Ort. Neben vielen langjährigen Konferenzteilnehmern, die sich alljährlich auf der OOP einfinden, verzeichneten die Veranstalter in diesem Jahr außerdem einen hohen Anteil an Erstbesuchern.

Auch die Teilnehmer nahmen die aktuelle Mischung aus Traditions- und Trendthemen positiv an, wie der Blick auf die am stärksten besuchten Vorträge zeigt. Unter den Top-5 der OOP 2019 rangierten Oliver Gierke mit seinem Beitrag "REST beyond the obvious – API-Design für sich ständig weiterentwickelnde Systeme", Gerhard Pews mit "Was Architekten für die Langlebigkeit ihrer Systeme tun sollten" und Markus Harrer mit dem Thema "Mit Werkzeugen von morgen Software von gestern systematisch verbessern". Auf überdurchschnittliches Interesse trafen außerdem der Vortrag "API-zentrierte Architektur – Was bedeutet das und welche Vorteile bietet diese?" von René Kießling sowie der Strategievergleich "Monolith zu Microservice" von Eberhard Wolff.

Um auch dem Entwicklernachwuchs eine Chance zur Teilnahme an der Konferenz zu geben, wurden im Rahmen der OOP bereits zum zweiten Mal die Code Days durchgeführt. Auf dieser kostenfreien Tochterkonferenz konnten sich für Young Professionals und Studenten in über 150 Vorträgen rund um das Thema moderne Software- und Webentwicklung weiterbilden. Eine Chance, die mehr als 300 junge Talente eifrig nutzten.

Neben dem Konferenzprogramm lockt die Ausstellung der OOP alljährlich zahlreiche Besucher an.

(Bild: OOP)

Ein besonderes Highlight boten auch in diesem Jahr wieder etliche der Keynotes. So erklärte Erich Gamma, Microsoft Technical Fellow, in seinem Talk ″20+ years of tool development – and still loving it″ was er so faszinierend an der Entwicklung von Entwicklertools wie Visual Studio Code oder die Eclipse IDE findet. Ihm als Entwickler macht es enormen Spaß solche Dinge zu entwickeln, die dann von ihm selbst ("eat your own dogfood") oder anderen Entwicklern genutzt werden: "Was gibt es schöneres, als dem eigenen Sohn, der gerade den Package-Explorer bei Eclipse aufklappt, sagen zu können, dass der zugehörige Code von dir ist". Eindrucksvoll schilderte er seine 1995 mit der Entwicklung von Taligent begonnene Reise mit all ihren Höhen und Tiefen.

Der Fokus des Talks lag natürlich auf der Eclipse IDE, sowie auf Visual Studio Code. Gamma gab zu, dass die Grundkonzepte der Eclipse IDE, alles sei ein Plug-in, alles sei in Java geschrieben, dass Plug-ins im Main Thread geladen und ausgeführt werden, sowie Contribution Point und Lazy Activation aus heutiger Sicht nicht nur positiv zu bewerten sind. Insbesondere der Fokus auf Java und die Beschränkung von Plug-ins auf den Main Thread hätten immer wieder zu Problemen geführt.

Mit Visual Studio Code gehe man daher bewusst einen anderen Weg und versuche ein Tool zu schaffen, dass sich irgendwo zwischen reinem Editor und einer vollwertigen und somit auch recht schwergewichtigen IDE ansiedelt. Visual Studio Code begründe damit eine neue Klasse von Tools, betonte Gamma: ″Close to an editor but with all the goodness that we love from an IDE″.

Tools wie Visual Studio Code haben Gamma zufolge heute nicht mehr den Anspruch den gesamten Entwicklungsprozess in seiner Gänze zur unterstützen, sondern lediglich die "inner loop of development" – also im Wesentlichen Debugging und Source Control. Über Extension Support erhält jeder Entwickler darüber hinaus die Möglichkeit, für sich zu entscheiden, welche zusätzlichen Features er benötigt und einbinden möchte.

Das man nicht alles, was in einer Keynote gesagt wird, wirklich ernst nehmen muss, lernt man spätestens, wenn man an der traditionellen "Die Analyse: der ultimative IT Stammtisch"-Keynote von Nicolai Josuttis teilgenommen hat. In illustrer Runde (Jutta Eckstein, Johannes Mainusch, Michael Wiedeking und Michael Stahl) wurden bei passendem Stammtischambiente, inkl. Bier und Chips für die Teilnehmer, die wichtigsten Themen des vergangenen Jahres aufbereitet. Topthema war dabei natürlich eines, das uns alle im wahrsten Sinne des Wortes beschäftigt hat: die DSGVO.

Josuttis und Co. zeigten eine Reihe netter Beispiele auf, die verdeutlichten, wie unglücklich das Thema an vielen Stellen im vergangenen Jahr angegangen wurde. Unter den Highlights der absurdesten Beispiele fanden sich ein Kühlschrank, der auf das Akzeptieren der DSGVO bestand, sowie Lehrer aus Düsseldorf, die sich beschwerten, dass sie sich ihre Finger wund schreiben, da sie ja nun keine Zeugnisse mehr auf ihrem Rechner tippen dürften. Am Ende waren sich alle einig, dass es sich um ein sehr ernstes und wichtiges Thema handelt, dessen Umsetzung aber in eine völlig falsche Richtung gelaufen ist. "Der gesunde Menschenverstand ist leider ausgeschaltet", bedauerte Wiedeking. Treffender kann man es wohl kaum formulieren.