Schwedisches Medienhaus gewinnt Abonnenten auch mittels Roboter-Journalismus

Der Roboter schreibt, die Zeitung gewinnt Abonnenten: In Schweden zeigt das Medienhaus MittMedia, dass das geht - unter gewissen Voraussetzungen

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Ein Roboter sitzt am Computer und löst ein Captcha um seine "Menschlichkeit" zu beweisen

(Bild: Gerd Altmann, gemeinfrei)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Robin Brand

1000 digitale Abonnenten hat das schwedische Medienhaus MittMedia im vergangenen Jahr gewonnen. So weit, so unspektakulär: Diese hat es allerdings auch dank automatisiert erstelltem Content hinzugewonnen. Der sogenannte Homeowners Bot schreibt seit September 2017 Artikel für die Lokalzeitungen des Medienhauses - mehr als 34.000 sind bislang entstanden.

Grundlage der Texte des Bots bilden in Schweden frei verfügbare Daten: Er sammelt Informationen zum Immobilienmarkt und gießt diese in Artikel. Das Ergebnis sind Texte, mit einer lokal sehr eingeschränkten Zielgruppe, die in dieser jedoch auf großes Interesse stoßen.

Die automatisiert erstellten Texte beantworten Fragen wie: Wer hat das Nachbarshaus gekauft? Welches ist die teuerste Immobilie im Viertel? Dazu stellt der Bot ein passendes Foto aus Google Street View. Ein Modell, das sich auf Deutschland kaum übertragen ließe - schlicht weil die Daten nicht frei verfügbar sind. Gegenüber dem Online-Portal Digiday sagt Li LÉstrade, Head of Content Development des Medienhauses, dass 68 Prozent der 102 befragten Leser keinen Unterschied zwischen faktenlastigen Texten des Bots und anderen Nachtichtentexten ausmachen konnten.

Während MittMedia ein lukratives Betätigungsfeld für seinen Bot gefunden hat, sind sie nicht das erste oder einzige Medienhaus, das Roboterjournalismus betreibt. Die Nachrichtenagentur Associated Press etwa nutzt Bots, um Kursentwicklungen von Unternehmen zu melden oder Quartalsbilanzen zusammenzufassen.

Für Deutschland seien automatisierte Texte über Sportereignisse, beispielsweise Ergebnisberichterstattung, denkbar, sagt der Computerlinguist und bundesdeutsche Pionier der automatischen Generierung von Inhalten, Alexander Siebert. Die Daten eines Fußballspiels könne eine Software nach relevanten Aussagen untersuchen und dabei auch Kontexte wie den bisherigen Saisonverlauf berücksichtigen. "Auf Basis dessen schreibt die Software mithilfe des ihr beigebrachten Wortschatzes und Satz- und Phrasenbaukastens einzelne Sätze, die sinnvoll miteinander verknüpft werden und schließlich einen vollständigen Spielbericht ergeben. Für diesen gesamten Prozess des Berechnens und Schreibens eines solchen Berichts braucht die Technologie im Schnitt 50 Millisekunden", sagt Siebert. (rbr)